Donnerstag, 04.12.08:
Berti ist ein fröhliches und lebhaftes 2 ½ Jahre altes Mädchen. Doch als wir sie am vergangenen Freitag zum ersten Mal
wieder sahen, saß sie völlig teilnahmslos und ohne jegliche Energie auf dem Schoß ihrer Mutter. Wir fragten, was los
sei und bekamen zur Antwort, sie sei schon seit 3 Monaten krank. Wir fragten, ob sie mit ihr im Krankenhaus waren, doch
die Antwort war Nein. Wenn Leute sich nicht in medizinische Behandlung begeben kann das verschiedene Gründe haben.
Entweder haben sie kein Geld und schämen sich, andere um Geld zu bitten. Oder der Ernst der Lage wird verkannt und
man denkt, dass sich das irgendwann mit Hausmitteln von alleine gibt. Am nächsten Morgen hing Berti genauso apathisch
durch. Nach dem Gottesdienst ging ich zu ihr und schaute mir das Innere ihrer unteren Augenlider an. Das ist eine einfache
Methode um festzustellen, ob jemand unter Eisenmangel oder Blutarmut leidet. (Kleiner Tipp an Euch Frauen: Schaut mal im
Spiegel nach, wie es um Euren Eisenhaushalt bestellt ist!) Meine Vermutung bestätigte sich auch sofort, die Haut war völlig
weiß, bei gesunden Menschen ist sie rot und gut durchblutet. Viele Menschen und vor allem Kinder hier leiden unter Blutarmut.
Das liegt zum einen an der manchmal einseitigen, mangelhaften Ernährung, zum anderen an der Malaria, die die roten Blutkörperchen
zerstört. Dieses Problem kann relativ einfach behoben werden, doch wenn man nichts unternimmt, kann die nächste Krankheit
tödlich sein, gerade bei kleinen Kindern. Am Sonntag ging Toussaint daher zu Bertis Eltern und gab ihnen 10000 F, das sind
etwa 15 Euro, um am Montag gleich ins Krankenhaus zu gehen. Dort wurde ihr sofort eine Bluttransfusion verabreicht, dann
bekam sie Eisen- und Vitamintabletten. Am Dienstag kam ihre Mutter, um sich bei uns zu bedanken. Berti kam nicht mit, die
war schon wieder viel zu sehr mit Spielen beschäftigt. Und am Mittwoch, in der Gebetsstunde, war sie wieder ganz die Alte,
nicht zu bändigen und nur am Rumrennen.
So schnell und so einfach kann manchmal geholfen werden. Solche Hilfeleistungen sind mir möglich, weil mir immer wieder
liebe Freunde in Deutschland Geld für diesen Zweck geben. Vielen Dank dafür.
Dienstag, 02.12.08:
Vorweihnachtszeit: Ich hatte mich eigentlich daran gewöhnt, Weihnachten in Staub und Hitze zu feiern und habe in den
letzten Jahren immer Anfang Dezember das Wohnzimmer dekoriert und die CDs mit der Weihnachtsmusik eingelegt und mich
daran gefreut. Und so habe ich am Sonntag - 1.Advent - die Kiste mit den Weihnachtssachen vom Schrank geholt, abgestaubt
und auf einen Stuhl gestellt. Dort steht sie immer noch. Nachdem wir in Reutlingen an unserem letzten Wochenende dort
noch die Dekoration der Innenstadt, den Duft von Glühwein und Punsch, die Fensterbeleuchtung der Häuser und sogar noch
Schnee erlebt hatten, will die Weihnachtsstimmung hier im Moment noch nicht aufkommen.
Sonntag, 30.11.08:
Es ist schön, wieder von meinem Wohnzimmer aus die Sonne zwischen den Papayabäumen aufgehen zu sehen, wieder barfuss
zu laufen, Schmutzwasser wieder einfach von meinem Standpunkt im Wohnzimmer aus mit Schwung durch die offene Haustür
zu schütten. Es ist schön, wenn die Kinder uns frische Papayas und Grapefruit als Geschenk bringen und ich zu jeder
Tages- und fast jeder Nachtzeit in dem Kramladen meiner Vermieterin einkaufen kann, notfalls auch auf Kredit. Worauf
ich dagegen gut verzichten könnte ist, dass das Haus trotz aller Bemühungen immer irgendwie schmutzig ist, weil der
Staub schneller fällt als man ihn wegwischen kann und die Spinnen schneller ihre Netze reparieren, als man sie entfernen
kann. Oder die schlaflosen Nächte, wenn irgendwo in der Nachbarschaft ein Todesfall ist und dort die ganze Nacht Musik
gespielt, getrunken und getanzt wird, als ob es kein schöneres Fest gebe.
Freitag, 28.11.08:
Das Ärgernis der Woche: Irgendwann Ende letzten Jahres wurde das Grundstück, das an das Grundstück unserer
Gemeinde grenzt, verkauft. Der neue Besitzer fragte, ob er unseren Wasseranschluss benutzen dürfe, um Wasser
für die Ziegelherstellung zu holen. Er versicherte, dass er die Rechnung begleichen würde. Da wir von vorneherein
auf gute Nachbarschaft bauen wollten, willigten wir ein.
Bei unserer Rückkehr mussten wir nun feststellen, dass er zum Dank für unser Zugeständnis seine Latrinen auf
die unserer Kapelle am nächsten stehenden Ecke seines Grundstücks gebaut hat. Mit anderen Worten: 4 Meter
entfernt vom rechten Seiteneingang der Kapelle und 2 Meter entfernt vom Eingang des Jugendraumes. Schönen Dank auch.
Donnerstag, 27.11.08:
Wieder zuhause. Wo ist eigentlich zuhause? Ich vermute, da wo mein Mann und ich unseren festen gemeinsamen Wohnsitz
haben, das wäre dann wohl hier in Natitingou.
Suzy war so lieb, das Haus zu putzen, so dass wir nicht völlig im Staub ersticken. Die Frau meines Vermieters,
die bei unserer Reise so aussah, als wäre sie im 7.Monat schwanger, ist immer noch schwanger und kommt dem Umfang
meiner 300-Liter Wassertonne gefährlich nahe. Toussaints Familie ist gesund, alle unsere Nachbarskinder sind noch
da, ebenso der Kater Goliath. Manche Kinder sind etwas dünner geworden, waren krank während unserer Abwesenheit.
Andere sind um 2 Kleidergrößen gewachsen. Die ganz Kleinen haben mich vergessen und haben wieder Angst vor der weißen Frau.
Die Busfahrt war erfreulich ereignislos. Ein paar Streitereien der weiblichen Passagiere mit Verkäuferinnen um
Wechselgeld - nichts Außergewöhnliches. Keine Panne, keine Überladung, keine Verspätung, alles lief glatt.
Lustigerweise sagte Manny, er hätte in seinem Leben noch keine derartige Reise gemacht. In den USA würde man
das als unzumutbar einstufen. Er hätte mal mit dem Taxi fahren sollen, wo neben dem Fahrer 6 Leute in einen
normalen Pkw gepfercht werden! Manny ist aber auch erst am Mittwochabend angekommen, er hat also noch Schonfrist.
Er ist Studentenmissionar und wird uns in den kommenden Monaten unterstützen. Sein Kollege Eric ist schon seit
September hier und hat vorerst die Pfadfinder und Bibelschule mit den älteren Kindern übernommen.
Dienstag, 25.11.08:
Ich bin auf dem Weg zur Deutschen Botschaft, um ein paar Dinge zu klären. Die Botschaft ist gleich um die Ecke,
ich gehe zu Fuß. Während ich durch den Sand stapfe fällt mir ein, dass ich keine 48 Std. vorher noch durch Schnee
gestapft bin, als ich Sonntagabend, nachdem alles gepackt war, Toussaint noch zu einem Nacht-Schneespaziergang
überredet hatte.
Später ziehen wir durch die Stadt und schauen uns an, was die Sachen im Supermarkt so kosten. Glücklicherweise
konnten wir keinen allgemeinen Preisanstieg feststellen, wie wir eigentlich befürchtet hatten
Wir kaufen uns zwei saftig-süße Ananas. Eine verspeisen wir gleich, die andere liegt jetzt im Kühlschrank neben
den zwei verbleibenden Mandarinen aus Deutschland. Und den Schokoladentafeln.
Toussaint geht auch gleich zum Friseur und lässt sich die Wolle vom Kopf nehmen. Jetzt braucht er ja keine
eingebaute Mütze mehr.
Montag, 24.11.08:
Cotonou empfängt uns standesgemäß. Als wir gegen 21h aus dem Flugzeug steigen, schlägt uns schwülheiße Luft entgegen.
Keine Spur von abendlicher Abkühlung. Es dauert fast 45 min, bis wir unsere Koffer haben. Die Gepäckstücke von
ungefähr 200 Leuten kommen im 5-Meter-Abstand auf dem Laufband daher. Wenn es denn läuft, das Band. Immer wieder
fällt der Strom aus und wir stehen kurzzeitig im Dunkeln, ehe das Licht wieder angeht und das Band sich wieder in
Bewegung setzt. Erst stehe ich mit den Gepäckkarren im Hintergrund und Toussaint vorne am Band, nachdem ich ihn
gefragt hatte, ob er unsere Koffer wieder erkennen würde. Aber klar, meinte er. Nach ein paar Minuten kommt er
kopfschüttelnd. "Die sehen alle gleich aus". Und so wechseln wir die Posten. Am Ende sind wir froh,
alle Koffer zu haben, nachdem wir auf dem Herflug ja erst mal keinen hatten. Niemand wartet auf uns, aber es
war auch nichts ausgemacht. Ist auch ganz gut so, denn wir hatten über eine Stunde Verspätung wegen des verspäteten
Abflugs in Paris. Warum wir dort nach dem Boarding noch ewig im Flieger saßen, bevor wir starten konnten, weiß ich
nicht. Ich habe eventuelle Erklärungen verschlafen. Im Baptisten-Gästehaus sind unsere Zimmer vorbereitet und wir
sind froh, uns endlich ausruhen zu können, nachdem wir das Nötigste ausgepackt haben (Schokoladentafeln in den Kühlschrank !).
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