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Sonntag, 18.01.09:
An diesem Wochenende waren der Vorsteher und der Schatzmeister der Vereinigung zu Gast bei uns. Es stand ein Treffen mit unseren einheimischen Laienevangelisten auf dem Programm. Wie im letzten Rundbrief erwähnt, hatte das Projekt, das bisher die Stipendien der Evangelisten finanziert hatte, seine Aktivitäten in Benin eingestellt. Nun konnte eine Vereinbarung mit einer kanadischen Organisation getroffen werden, wodurch es möglich wird, die Evangelisten wieder unter Vertrag zu nehmen und sogar noch weitere Personen zu engagieren. Außerdem hatten wir natürlich die Gelegenheit zu einem allgemeinen Gedankenaustausch. Der Vorsteher informierte uns über verschiedene Entwicklungen und Planungen auf Vereinigungsebene und machte sich auch ein Bild von der Situation in unserer Gemeinde.
Aufgrund unserer geographischen Lage (500 km von der Vereinigung und 200 km vom Wohnsitz des Pastors entfernt) sind wir oft am Ende der Informationskette und fallen auch ab und zu ganz unter den Tisch. Deshalb hat uns dieser Besuch wieder neu ermutigt und wir haben uns über die Begegnung und die Gespräche gefreut.
 
Donnerstag, 15.01.09:
Ich habe die letzten drei Tage damit zugebracht, einer Nachbarin von mir an den Fersen zu kleben. Von früh morgens bis spät abends war ich mit ihr zusammen, bin überall mit ihr hingegangen, habe mit ihr gegessen, ihr bei allem zugeschaut. Das ist der erste Schritt unserer Forschungsarbeit. Wir werden insgesamt 10 Personen unterschiedlichen Alters und Berufes während jeweils drei Tagen begleiten und ihren gesamten Tagesablauf dokumentieren.
Diese drei Tage haben mich vor allem gelehrt, wie unglaublich hart diese Frauen arbeiten, um wenigstens das Nötigste für ihre Familien zu erwirtschaften. Ich habe Mama Feli und ihren Mann aufs Feld begleitet. Das bedeutet jeweils eine Stunde Fußmarsch hin und zurück über unwegsames Gelände (meine Flip Flops waren hinterher hinüber!), dann stundenlanges Arbeiten in der heißen Sonne, nur unterbrochen von einem Mittagessen mit im Feuer gegrillten Yams. Ich durfte nicht mithelfen, vielleicht hatten sie Angst, dass ich dann den Weg nicht mehr zurückgeschafft hätte. Vielleicht auch besser so, wer weiß was ich Stadtpflanze verbockt hätte. Lustigerweise haben sie aber hinterher allen erzählt, wie hart ich gearbeitet hätte. Sie waren jedenfalls sehr stolz darauf, dass ich sie begleitet hatte und sehr beeindruckt, dass mir der Marsch nichts auszumachen schien. Nach einiger Überlegung kam ich auch dahinter, warum. Sobald eine afrikanische Frau einen gewissen sozialen Standard hat, ihr Mann ein Motorrad hat, in ihrem Haus ein Fernseher steht usw. würde sie nie im Leben die Strapazen auf sich nehmen, aufs Feld zu gehen, das wäre unter ihrer Würde. Ich hab das gemacht und habe sie dadurch sehr geehrt.
Ich habe es jedenfalls sehr genossen, einen Tag in der Stille der Natur zu verbringen, wunderschöne farbenprächtige Vögel zu beobachten und einfach nur die saubere Luft zu atmen. Am nächsten Tag ging ich mit ihr Holz holen. Auch das war wieder mit einem über 30-minütigen Fußmarsch verbunden. Auf dem Rückweg trug sie ein Holzbündel auf dem Kopf, dass ich keine 20 Meter weit hätte schleppen können. Diese Menge Holz wird sie dann zuhause bündelweise zum Gegenwert von etwa 80 Cent verkaufen, und dafür waren wir über 3 Stunden unterwegs.
Ich habe viel gelacht und viel gelernt in diesen drei Tagen, habe eine neue Freundin gewonnen und viel Respekt bekommen für die Frauen hier. Übernächste Woche werde ich mein nächstes "Opfer" beschatten.

 

Samstag, 10.01.09:
Vegetarier oder nicht - das ist hier die Frage:
Es gibt gewichtige Gründe, hier in Afrika Fleisch zu essen. Fleisch steht bei der durchschnittlichen (und damit ärmeren) Bevölkerung eher selten auf dem Speiseplan. Mit selten meine ich vielleicht einmal im Monat. Um so wichtiger ist es, dass an einem Festtag wie z.B. am Neujahrstag, dem Nationalfeiertag oder bei einer Familienfeier auf jeden Fall Fleisch in den Topf kommt. Das kann dann so wenig sein, dass jeder nur ein kleines Stück bekommt, aber die Soße hat einen anderen Geschmack. Wenn man an einem solchen Festtag in einer Familie zum Essen eingeladen ist und das Fleisch ablehnt, so verschmäht man das Beste, was sie zu geben haben. Es wäre undankbar und für die Gastgeber in keiner Weise nachvollziehbar. Für einen Missionar, der naturgemäß einen guten Kontakt zu den Menschen sucht, wäre es ein fataler Fehler.
Es gibt aber auch ein durchschlagendes Argument, weshalb man hier normalerweise Vegetarier sein sollte. Ich möchte behaupten, dass keine deutsche Hausfrau hier Fleisch zubereiten würde, außer sie hat einen Koch. Denn das leckere Hühnerfrikassee beginnt damit, dass man ein lebendes Huhn kauft. So etwas wie eine Fleischtheke im Supermarkt oder eine Tiefkühltruhe mit bereits ausgenommenen Hähnchen gibt es nämlich nicht. Aber wenigstens weiß man so, dass das Fleisch frisch ist, was man bei mancher Metzgerei oder Tiefkühlabteilung ja wohl anzweifeln muss. So etwas wie Abfall gibt es auch nicht (außer den Federn). Alles, aber auch alles wird gekocht und verzehrt, Kopf, Füße, Innereien. Wenn uns also jemand ein Huhn schenkt (was eine große Ehre ist), dann kümmern sich unsere Nachbarsjungs ums Schlachten und Rupfen und bekommen dafür am Ende ihren Teil (Kopf, Füße, Innereien, s.o.). Toussaint kümmert sich um die Zubereitung und ich halte mich aus allem raus. Am Ende werde ich ein Stückchen versuchen, den Rest meinem Mann und den Jungs überlassen und alle sind glücklich.