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Dienstag, 13.11.12:
Es ist so unglaublich still hier. Ich sitze in meinem Zimmer in Deutschland, das geschlossene Fenster lässt absolut alle Geräusche draußen und in der Wohnung dämpfen Teppiche alles, was noch irgendwie einen Laut von sich geben könnte. Keine streitenden Nachbarn, keine bellenden Hunde, keine lärmenden Kinder. Einfach nur Stille. Manchmal empfinde ich das als angenehm, manchmal aber auch beklemmend. Aber wie kommt es, dass ich hier sitze? Keine Angst, es liegt kein Notfall vor. Aus Anlass eines sehr wichtigen Familienfestes, nämlich der Goldenen Hochzeit meiner Eltern, bin ich für gut zwei Wochen in Deutschland. Die werden sicher nicht reichen, um alle meine Freunde zu besuchen oder auch nur anzurufen und ich möchte die Zeit auch wirklich schwerpunktmäßig mit meiner Familie verbringen. Außerdem muss ich ja auch noch mein Computerproblem lösen, Sachen einkaufen die wir in Benin nicht kriegen, in mein altes Stammcafé gehen und ein Loch im Zahn flicken lassen. Seid also bitte nicht böse, wenn Ihr erst im Nachhinein erfahrt, dass ich auf deutschem Boden war.
Wir werden sicher im nächsten Jahr Gelegenheit zu einem Wiedersehen haben.

 
 
Mittwoch, 31.10.12:
Die letzten zwei Wochen waren unglaublich arbeitsintensiv, anstrengend und spannend. (Irgendwie beginnen so oder so ähnlich in letzter Zeit immer öfter meine Berichte…) Wir hatten Besuch von dem Leiter einer Entwicklungshilfeorganisation, und was er an Schulungsmaterial für uns im Gepäck hatte hätte gut und gerne für zwei Monate statt zwei Wochen ausgereicht. Marcel zeigte uns, wie man Entwicklungshilfeprojekte (und auch andere Projekte) plant, wie man budgetiert, wie man Personal managt. Wir lernten verschiedene Unterrichtstechniken, wie man Bedürfnisanalysen macht, wie man mit den ständigen Bitten um finanzielle Unterstützung richtig umgeht und vor allem wie man wirklich hilft. Wir diskutierten, wie wir pro-aktiv und produktiv mit der Kirchenleitung und auch mit anderen Entwicklungshilfeorganisatoren vor Ort kooperieren können. Vieles konnten wir gar nicht gemeinsam durchsprechen, und so hat er uns noch weiteres Material dagelassen, das wir bei Bedarf selbst studieren und dann im Unterricht und bei der Projektplanung verwenden können.
An vergangenen Montag nahmen wir alle zusammen an der Schulung teil und Marcel zeigte uns anhand eines "Problembaumes", wie man ein Problem analysiert und dann auch eine Lösung findet. Dabei wird ein offensichtliches Problem (die Baumkrone) aufgegriffen und nachgefragt, was dieses Problem verursacht hat. Wenn man den augenscheinlichen Grund gefunden hat fragt man, was diesen Sachverhalt verursacht hat. Und so geht es weiter, Schritt für Schritt, bis man an die eigentliche Wurzel des Problems vorgedrungen ist. Und dann kehrt man den Problembaum in einen Lösungsbaum um. Man sucht, von unten nach oben, für jedes Teilproblem die entsprechende Lösung. Unsere Leute sind nicht so sehr an analytisches Denken gewöhnt und die Köpfe rauchten ziemlich. Aber es war eine gute Illustration die zeigte, dass Probleme, die uns ins Auge stechen, oft gar nicht die wirklichen Probleme sind, da die Wurzeln ganz woanders liegen. Wenn man nur löst, was offensichtlich ist, doktert man an Symptomen rum, ohne die wirkliche Krankheit zu heilen.

 
 
Wir sind sehr dankbar für die Zeit mit Marcel und für alles, was wir lernen durften und noch dürfen. Bitte betet für unseren Montagsunterricht, dass es uns gelingt, das Gelernte weiterzugeben und zu Gottes Ehre produktiv umzusetzen, sowohl zur Verbreitung des Evangeliums, als auch zu Verbesserung der Lebensumstände unserer Mitmenschen.
 
Montag, 22.10.12:
Im Wochenbericht vom 02.10.2012 hatte ich von Pascal erzählt und davon, dass wir seine Lieder eventuell für unsere Evangelisationsarbeit nutzen werden. Vor kurzem hatten wir unerwartet die Gelegenheit, zu testen, wie diese Lieder ankommen. Im Rahmen eines besonderen Gottesdienstes wurde gegen Ende des Programms gefragt, ob jemand ein Zeugnis abgeben möchte. Pascal stand auf und sagte, er würde gerne ein Lied singen.

Wie mir später übersetzt wurde, handelte sein Lied davon, wie Jesus Mose und das Volk Israel aus Ägypten geführt hat, und dass Er auch uns heute aus unserer Sklaverei der Sünde befreien möchte. Es war einfach fantastisch zu sehen, wie die Leute reagierten. Sie klebten auf ihren Bänken, Augen, Ohren und manchmal auch Mund aufgesperrt und folgten gebannt dem Liedvortrag. Am Ende brach Beifall aus, alle waren restlos begeistert. Und wir natürlich auch, zeigt das doch, dass dieses Mittel tatsächlich hervorragend geeignet ist, um zu den Herzen der Otammari zu sprechen. Wir haben nun in unserer Montagsrunde verschiedene Themen ausgearbeitet, zu denen Pascal und auch Bernard Lieder schreiben. Diese werden dann in derselben Runde vorgetragen, wenn nötig textlich verbessert und dann aufgenommen. Jason und Hyacinthe bearbeiten die Aufnahmen dann am PC und wenn wir so weit sind, werden sie auf Speicherkarten für Telefone gespielt. Da inzwischen auch der letzte Feldarbeiter im hintersten Buschland ein Handy hat, ist der Verbreitung keine Grenzen mehr gesetzt...