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Mittwoch 30.01.13:
Ich habe einen Liebesbrief bekommen. Nicht von Toussaint, aber es besteht kein Grund zur Sorge, denn er ist auch an Toussaint gerichtet. Er ist von Souradjou, einem Jungen aus dem Kinderheim. Er geht in die dritte Klasse und da können viele der Schüler hier leider grade mal ihren eigenen Namen schreiben, aber keine richtigen Sätze geschweige denn Briefe. Ich muss auch zugeben, dass die Rechtschreibung der französischen Sprache allen Regeln zu trotzen scheint und unglaublich schwierig ist. Der Brief ist also der Versuch eines kleinen Jungen, zu Papier zu bringen, was er auf dem Herzen hat, und er hat sich wirklich Mühe gegeben. Er spricht uns darin mit Mama und Papa an (normalerweise nennen uns die Kinder Tanti und Grand Frère) und fragt uns, ob wir seine Eltern sein wollen und ob er unser Sohn sein darf. Er schreibt, dass er uns liebt und dass wir ihm sehr fehlen werden, wenn wir verreisen.
Souradjou kennt seinen Vater nicht, denn der hat die Mutter als junges Mädchen verlassen, als diese ungeplant schwanger wurde und sich weigerte, abzutreiben. Seine Mutter, eine sehr hübsche und fröhliche Frau, ist inzwischen verheiratet und hat mehrere Kinder, doch ihr Ehemann hat ihr erstes Kind abgelehnt. Und so kam Souradjou ins Kinderheim, nachdem die Großmutter sich nicht mehr länger um ihn kümmern konnte. Seine Mutter besucht ihn ab und zu, bringt ihm etwas Taschengeld und neue Kleider, aber er weiß, dass er nicht zu ihr zurückkann.
Wir fragten ihn, warum er unser Sohn sein will, aber er konnte seine Gründe nicht in Worte fassen. Wir erklärten ihm dann, dass das nicht möglich ist, da er erstens noch eine Mutter hat und zweitens den Kinderheimleiter als Papa hat. Wenn er uns aber deshalb als Eltern will, weil er einen Ort haben möchte, wo er geliebt wird und wo er immer hingehen kann um Hilfe und Schutz zu finden, dann ist das sehr wohl möglich, auch wenn wir "nur" Tanti und Grand Frère sind. Er strahlte und war damit zufrieden.
Es ist für uns oft schwer zu sehen, wie es den Kindern am Nötigsten fehlt, und dabei meine ich gar nicht in erster Linie Essen oder andere materielle Dinge, denn da kann man Abhilfe schaffen. Es geht vor allem um mangelnde Fürsorge, Zuwendung und Führung. Einige kommen zu uns, um sich hier zu holen, was sie brauchen, aber andere verrohen, treiben sich herum und geraten unter schlechten Einfluss. Wir können Gott nur immer wieder bitten, die Kinder zu beschützen und sie vor Bösem zu bewahren und unsererseits ein kleines bisschen dazu beitragen, dass sie sich geliebt wissen und positiv beeinflusst werden.

 

Dienstag 05.02.13:
Nun ist es soweit. Die Daten für unseren Heimaturlaub stehen fest, die Tickets sind gebucht und auch die ersten Termine für Besuche und Vorträge sind festgelegt.
Wir werden vom 24.03. bis 18.06. in Deutschland sein und freuen uns auf einen hoffentlich schönen Frühling und Frühsommer.
Gleich zu Beginn unseres Aufenthaltes, nämlich über die Osterfeiertage, werden wir auf dem Youth in Mission Congress in Mannheim anzutreffen sein. Dort werden wir in erster Linie AFM als Organisation vertreten. In diesem Jahr werden dort 1.700 Jugendliche aus dem In- und Ausland erwartet und wir freuen uns sehr, dass wir dort einen Stand bekommen haben und außerdem einen Workshop halten können. Wir hoffen und beten, dass wir einige Jugendliche dazu anstecken können, ein Jahr ihres Lebens als Studentenmissionar für die Sache Gottes zu geben.
Alle weiteren Termine werden zu gegebener Zeit wieder auf der Internetseite gepostet werden. Noch sind einige Termine frei, wenn Ihr uns also in Eure Gemeinde einladen wollt, oder auch in Euren Hauskreis oder eine andere Runde, dann setzt Euch bitte über diese Internetseite (Kontakt) oder direkt über meine Emailadresse mit uns in Verbindung. Wir würden uns freuen, möglichst viele von Euch zu treffen.

 
Dienstag, 12.02.13:
Gestern haben wir in unserer Montagsschulung das Thema der Kontextualisierung durchgenommen. Als Übung stellten wir der Gruppe dann die Aufgabe, das Gleichnis vom barmherzigen Samariter in ihren Kontext zu übertragen, ohne dabei die eigentliche Botschaft zu verändern. Sie mussten also zuerst die Botschaft der Geschichte formulieren, um am Ende kontrollieren zu können, ob sie auch in der „umgeschriebenen“ Geschichte noch vermittelt wird.

 

Dann mussten sie die Charaktere der Geschichte näher betrachten. Wofür steht der Samariter? Wofür der Priester, wofür der Levit? Wer hat diese Rolle heute und in der hiesigen Kultur? Und schließlich wurden noch Ort und Umstände in das hier und heute übertragen. Am Ende spielten sie uns ihre Geschichte als Sketch vor. Das hat nicht nur allen großen Spaß gemacht, sondern verhalf den Teilnehmern am Ende dazu zu sehen, dass das Gleichnis jetzt sogar noch viel aussagekräftiger ist als in der Originalversion. Nebenbei bemerkt hatten uns Pam und Gideon während ihres Unterrichts vor knapp 3 Wochen dieselbe Aufgabe gestellt und es war äußerst befriedigend für uns zu sehen, dass die kulturellen Insider jetzt für die neue Version dieselben Charaktere wählten wie wir.
 

Seit dem Besuch von Gideon und Pam probieren wir jeden Montag einige neue Unterrichtsmethoden aus. Das beninische Schulsystem kennt kaum Interaktion und selbstständiges Arbeiten. Zugegebenermaßen ist das bei Klassengrößen von 50-80 Kindern auch schwierig. Der Lehrer hält vorne seinen Unterricht und selbst bis in die Abiturklasse schreiben die Schüler Wort für Wort ab, was an der Tafel steht, nicht mehr und nicht weniger. Und so fordern wir unsere Teilnehmer jedes Mal aufs Neue heraus mit verschiedenen Aktivitäten und Aufgaben, die sie selbständig in Gruppen zu erledigen haben. Doch es macht die Schulung um Vieles interessanter und lebhafter und der Lerneffekt ist deutlich größer.