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Dienstag, 24.06.14:
Diejenigen von Euch, die Toussaint persönlich kennen, haben sich oder uns sicher schon einmal gefragt, was die Narben in seinem Gesicht bedeuten.
Viele Volksgruppen hier in Westafrika haben spezifische Ziernarben im Gesicht oder auch am Oberkörper, die sie als Angehörige eben dieser Volksgruppe ausweisen. Im Normalfall werden diese Narben im Kindesalter geritzt, und es ist in irgendeiner Form immer ein Bezug zum Fetisch dabei. Unter der gebildeteren Bevölkerung werden die Ziernarben immer weniger geritzt. Im Süden, wo die meisten höheren Bildungseinrichtungen sind und auch die besten Arbeitsplätze, sind die Menschen aus dem Norden marginalisiert. Da will man nicht unbedingt gleich seine Volkszugehörigkeit im Gesicht stehen haben. Doch in ländlicheren Gebieten und unter den ungebildeteren Eltern wird es nach wie vor stark praktiziert und Satan hat seine Methoden, zu seinem Ziel zu gelangen. Vor einigen Wochen machte die Nachricht die Runde, dass der mächtigste Fetisch der Waama (Toussaints Volksgruppe) alle Eltern auffordert, ihre Kinder zu markieren. Er würde sich demnächst auf die Reise ins Waamagebiet machen und jedes Kind, das keine Ziernarben trägt, müsste ihm folgen und sterben. Der Glaube der Menschen an solche Aussagen ist so stark, dass sich sofort in allen Dörfern und Waama-Stadtvierteln die Eltern organisierten, um den jeweiligen "Schneider" ihrer Rasse einzuladen. Die Kinder selbst hatten so große Angst, sterben zu müssen, dass sie gerne zu dieser schmerzhaften Prozedur bereit waren. Letzte Woche kamen dann auch schon zwei Leute aus unserem Viertel zu uns und baten uns um finanzielle Hilfe für die Zeremonie, die für den vergangenen Samstag angesetzt war. Pro Kind muss ein bestimmter Preis gezahlt werden, außerdem legt das ganze Viertel zusammen, um die Leute, die zu der Zeremonie kommen werden, zu verpflegen. Toussaint erklärte ihnen dann unsere Haltung zu solchen Praktiken und versuchte sie auch davon zu überzeugen, dass sie ihren Kindern keinen Gefallen tun würden. Einer stimmte uns sogar zu, doch der Gruppendruck war einfach zu groß. Wir haben dann die ganze Woche dafür gebetet, dass die Zeremonie ausfallen möge. Ein Regenguss, der "Schneider" erkrankt, uns wäre alles recht gewesen. Aber Gott hat nicht eingegriffen. Wir sind gestern wie üblich zum Gottesdienst gegangen und auf dem Heimweg sahen wir bereits eine Frau, die mit ihrem Kind mit völlig verschwollenem Gesicht auf dem Heimweg war. Als wir nachmittags auf der Terrasse saßen, konnten wir Kinder schreien hören, der Platz an dem die Kinder geritzt wurden war in Hörnähe. Toussaint ging dann irgendwann hin um zu sehen, ob er vielleicht ein paar Fotos machen könnte. An den Platz, an dem geritzt wurde, konnte er nicht hingehen, der war für alle „Unbefugten“ tabu. Nur der "Schneider", zwei alte Frauen die die Kinder hielten, und derjenige, der die Kinder hin- und wegbrachte, durften sich in dem mit einer Linie aus Asche abgegrenzten Bereich aufhalten. Die Kinder waren seit dem Morgen in einem Haus eingeschlossen, damit keines mehr entkommen konnte. Sie wurden dann eines nach dem anderen gebracht. Ihr Kopf wurde auf die blutverschmierten Schenkel der einen altern Frau gelegt. Ihr gegenüber saß die andere und hielt Arme und Beine fest. Für alle Kinder wurde dasselbe heilige Messer verwendet, womit sich die Frage erübrigt, weshalb mindestens 30% aller Kinder in Benin unter Hepatitis B leiden. In den Krankenhäusern wird mit Bildern zwar darauf hingewiesen, dass damit Aids, Hepatitis und andere Krankheiten übertragen werden und doch jedes Kind wenigstens seine eigene Rasierklinge haben sollte, doch der Fetisch akzeptiert so neumodisches Zeug nicht. Eine Nachbarin erlaubte Toussaint, ihre noch recht traumatisierten Kinder zu fotografieren. Und ein älteres Mädchen kam gestern vorbei, um stolz ihre Narben zu zeigen. Sie hatte Mut bewiesen und war dem sicheren Tod entronnen. Noch ist das Gesicht angeschwollen, aber mit Sheabutter eingeschmiert gibt es eigentlich nur sehr selten Infektionen. Bei Einbruch der Dunkelheit warteten immer noch über 10 Kinder, so dass der "Schneider" gebeten wurde, noch über Nacht zu bleiben und am nächsten Tag weiterzumachen. Insgesamt wurden ca. 50 Kinder genarbt, das Jüngste weniger als 3 Monate alt.
Wir haben einige Pläne für evangelistische Tätigkeiten in unserem Viertel, sind uns aber schmerzlich bewusst, dass ohne das Wirken des Heiligen Geistes nichts bewegt werden kann.

 
 
 
Donnerstag, 26.06.14:
Auf dem Nachbargrundstück, gleich hinter unserer Mauer, steht ein morscher Baum.
Und damit der nicht irgendwann blöd umfällt und ein vielleicht dann dort stehendes Gebäude beschädigt, beschlossen Toussaint und seine Jungs, den Baum strategisch zu fällen.
 
Hat nicht so ganz geklappt...
 
Dienstag, 15.07.14:
Ferienzeit - Urlaubszeit.
Und unser Gästezimmer ist rege frequentiert! Vor über einem Monat war schon die Mutter einer der deutschen Mädchen, die hier an einem Gymnasium ein Jahr lang deutsch unterrichten, zwei Wochen zu Besuch. Da die Mädchen bei sich keinen Platz haben, wohnte die Mutter solange bei uns.
Kurz darauf kamen die Kolleginnen der beiden, die im 50 km entfernten Tanguieta arbeiten, ebenfalls für eine Woche zu Besuch.
Und seit vorgestern sind die Kinder und der Studentenmissionar unserer Missionarskollegen im Nordosten des Landes für zwei Wochen in Ferien bei uns. Da ist immer ein bisschen Flexibilität gefragt, aber wir freuen uns, dass sich alle Gäste bei uns wohlzufühlen scheinen.