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Mittwoch, 29.04.09:
Ich will gerade mit Kochen anfangen, als Marceline, Mares Tochter (s. Eintrag vom 24.03.), angerannt kommt um mir zu berichten, dass ihre Mama entbunden hat. Ich frage: "Im Krankenhaus oder zuhause?" Die meisten ihrer nun sieben Kinder hat sie nämlich aus Geldmangel zuhause entbunden. Doch Marceline antwortet: "Auf dem Feld". Ich kann mir ein triumphierendes Lachen nicht verkneifen, denn seit Tagen sagte ich ihr, sie solle nicht mehr aufs Feld gehen, sonst kommt das Baby womöglich dort zu Welt. Sie lachte dabei immer nur und meinte, sie würde schnell nachhause laufen, wenn es losginge. Heute Morgen hab ich ihr noch durchs Fenster zugerufen, wo sie denn bitteschön hin wolle mit ihrer Machete, sie solle gefälligst zuhause bleiben. Der Bauch hatte sich nämlich schon deutlich gesenkt. Wie immer lachte sie und meinte, sie sei gleich wieder da, sie gehe nur etwas Holz holen. Als ich meinen Triumph fertig ausgekostet habe frage ich Marceline noch, was es ist. Die Antwort: "Ein Baby". Na, das wollen wir doch schwer hoffen! Ich erfahre dann doch noch, dass es ein Junge ist und sie später auch noch ins Krankenhaus gegangen ist, wo sie aber wegen des Streiks des Pflegepersonals abgewiesen wurde.
Als ich mit Kochen fertig bin, gehe ich schnell rüber, um ihr eine Schüssel Reis zu bringen und das Baby zu begutachten. Als sie mich sieht, lacht sie und weiß genau, was jetzt kommt. Sie erzählt dann, dass sie auf dem Feld merkte, dass es losgeht und sich schnell auf den Heimweg machte, so schnell sie eben laufen konnte zwischen den Wehen. Als sie dann merkte, dass sie es nicht mehr bis nachhause schaffen würde hockte sie sich irgendwo hin und brachte ihr Kind zur Welt. Sie war bereits in der Nähe von den ersten Häusern und als das Baby schrie kam eine Frau angelaufen. Die half ihr dann, brachte Tücher um den Kleinen einzuwickeln und begleitete sie vollends nachhause.
Bitte betet für den Kleinen, der noch keinen Namen hat und auch seine Mutter, dass sie irgendwann erkennen mögen, dass ein großer und liebender Gott unser aller Leben in der Hand hält, egal ob wir in einem sterilen Krankenhaus zur Welt kommen oder irgendwo am Wegesrand.

 

Montag, 26.04.09:
Eine anstrengende, aber produktive Woche liegt hinter uns. Seit vergangenem Dienstag war unser Supervisor Lorance Johnson hier, um mit uns zusammen die Fortschritte in unserer Arbeit zu bewerten und um Etappenziele für das nächste Jahr festzustecken. Wir werden weiterhin zwei Schwerpunkte haben: die Forschungsarbeit über Kultur und Tradition der Otammari sowie die Unterstützung und Leitung der Gemeinde Natitingou. In diesem Zusammenhang hat sich unser Studentenmissionar Eric entschlossen, seinen Aufenthalt hier um einige Monate zu verlängern, um uns zu helfen, die Forschungsarbeit abzuschließen. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sehr wir durch seine und auch Emanuels Anwesenheit gesegnet sind. Außerdem erstellten wir einen Evakuierungsplan, den wir hoffentlich nie brauchen werden. Benin ist für afrikanische Verhältnisse ein sehr stabiles und friedliches Land. Trotzdem sind alle AFM-Projekte angehalten, einen solchen Plan zu erstellen und im Büro in den USA zu hinterlegen. Unsere Kollegen Michée und Elmire Badé kamen ebenfalls nach Natitingou, um ihrerseits mit Lorance die nächsten Schritte des Dendiprojektes in Kandi besprechen. Auch wenn es ermüdend war, bis in die Abendstunden Besprechungen zu haben und anschließend noch Berge von Geschirr zu spülen und am nächsten Morgen früh aufzustehen um für alle zu kochen, haben wir die Zeit miteinander doch sehr genossen. Gestern Abend ließen wir die Woche in einem gemütlichen Restaurant ausklingen und nahmen auch Abschied von Lorance, der mit seiner Familie im Juni AFM verlässt und wieder als Pastor nach Schottland zurückgeht.

 

Sonntag, 25.04.09:
Heute ist ein großer Tag für die Gemeinde Natitingou, denn das älteste Paar der Gemeinde, Basile und Lucrèce, heiratet endlich! Auf der Bank neben ihnen sitzen ihre fünf Kinder und strahlen um die Wette. Sicher werdet Ihr erstaunt fragen, wieso sie jetzt erst heiraten. Nachdem wir einige Zeit hier in Benin gelebt hatten stellten wir fest, dass mindestens 80 % der Paare gar nicht wirklich verheiratet sind! Das heißt, nicht verheiratet in unserem Sinne, gemäß ihrer Tradition sind sie es nämlich schon. Jede Rasse hat genaue Regeln und Zeremonien für eine Eheschließung. Da kann man sich natürlich fragen, ob diese Art der Eheschließung nicht auch von der Gemeinde anerkannt werden sollte. Die Sache hat jedoch zwei Haken. Der erste: die alten Riten und Regeln werden immer weniger eingehalten und immer häufiger ziehen junge Männer und Frauen einfach zusammen, ohne dass der Mann den zukünftigen Schwiegereltern den Brautpreis bezahlt oder wenigstens bei ihnen um die Hand der Tochter angehalten hat. Oder die Zeremonien werden nur teilweise durchgeführt, da die alten Traditionen immer mehr verwässert werden. Wo zieht man da die Grenze? Ab wann gelten sie als verheiratet? Der zweite Haken: Vor dem Gesetz des Staates Benin sind sie ohne standesamtliche Trauung nicht verheiratet. Das bedeutet, dass die Frau im Trennungs- oder Todesfall keinerlei Anrechte hat. Als Adventisten ordnen wir uns aber den staatlichen Gesetzen unter (soweit sie dem Wort Gottes nicht widersprechen).
Deshalb werden nur Paare kirchlich getraut, die auch eine standesamtliche Trauung durchgeführt haben. Basile und seine Frau hatten traditionell geheiratet, als sie noch keine Christen waren. Sie kamen zur Adventgemeinde, als ihre erste Tochter geboren wurde. Seit dieser Zeit wurde ihnen vom Pastor und der Gemeindeleitung nahe gelegt, ihren Familienstand offiziell zu machen. Immer wieder gab es Hindernisse und auch mangelnde Bereitschaft der beiden. Doch nun ist es endlich soweit! Am 01.April 09 haben sie ihre Ehe vor dem Staat besiegelt und heute werden sie von Pastor Agbossassa, dem Vorsteher der Gemeinde in Benin, gesegnet. Die Gemeinde ist gefüllt mit lachenden und bunt gekleideten Menschen und alle freuen sich, dass sie endlich diesen Schritt machen. Möge Gott diese Familie reich segnen!