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Freitag, 17.10.14:
Alle Jahre wieder. Die heftigen Regenfälle schwemmen auf den unbefestigten Straßen (und das sind fast alle Straßen) das Erdreich weg, und zurück bleiben tiefe Furchen und riesige Schlaglöcher. Auch die Straße in unserem Stadtviertel ist da keine Ausnahme. Mit dem Zweirad ist es nicht so schlimm, da kann man ganz gut ausweichen, und meine übliche Strecke kann ich sowieso auswendig und die größten Löcher fast blind umfahren. Mit dem Auto ist es nicht ganz so einfach, da weicht man rechts aus und fällt links ins Loch. Direkt vor unserem Haus hat der Regen die Straße so dermaßen ausgewaschen, dass sich ein Kind in dem Loch verstecken könnte. Toussaint und die Jungs haben das dann provisorisch mit Steinen zugeschüttet, da es keinen Sinn macht, richtig zu reparieren, solange es noch regnet.

 
 
Besonders extrem ist die Straße ins 50 km entfernte Boukombé, da es an mehreren Stellen steil bergab geht. Als wir am vergangenen Sabbat zur Predigt dorthin fuhren, habe ich versucht, das mal zu filmen, aber ich warne Euch, es könnte Euch dabei schwindelig werden.
 
Wenn dann die Regenfälle endgültig aufgehört haben, werden die Straßen so nach und nach gerichtet, entweder abgefräst oder aufgefüllt und dann plattgewalzt. Dann ist es wieder gut bis zum nächsten Frühsommer, wenn die Regenzeit wieder losgeht.
 
Dienstag, 21.10.14:
Jetzt muss ich an dieser Stelle mal was zu Ebola sagen, da wir immer wieder besorgte Anfragen bekommen. Gleich vorneweg: In Benin gab es bisher keinen bestätigten Fall von Ebola, und da die befürchtete Epidemie in unserem Nachbarland Nigeria ausgeblieben ist, hoffen wir, dass es auch so bleibt. Wir sind dafür Gott sehr dankbar. Die Deutsche Botschaft ist am Ball und hält die in Benin ansässigen Deutschen auf dem Laufenden, hat auch Merkblätter und Sicherheitshinweise verschickt etc. Die Regierung schult Krankenhauspersonal und rüstet für den Ernstfall, soweit das mit dem (nicht) vorhandenen Material möglich ist.
Nachdem der erste Fall in Nigeria bekannt geworden war, gab es zwei Verdachtsfälle in Benin, die sich aber nicht bestätigten. Daraufhin gab es kurzfristig ein bisschen Panikmache und in diesem Zusammenhang einige total bescheuerte Gerüchte, wie man sich vor Ebola schützen kann. Einer davon war das Essen von rohen Zwiebeln, wodurch sich mal eben der Preis von Zwiebeln erhöhte. Ein anderer war das Waschen mit warmem Salzwasser, und zwar zu einer ganz bestimmten Stunde (Aberglaube lässt grüßen). Uns wurde sogar untersagt, uns nach dem Gottesdienst die Hände zu schütteln, aber die Rotznasen der Kinder (nicht nur der eigenen!) wurden natürlich weitergeputzt und man trank wie immer aus anderer Leute Flasche. Einzelne Verbote sind offensichtlich nicht die Lösung, solange es am ganz allgemeinen Verständnis fehlt.
Die Krönung ist aber der Flughafen. Bei der Einreise nach Benin müssen alle Fluggäste (auch die aus Europa) einen Fragebogen ausfüllen und es wird Fieber gemessen. Bei der Ausreise wird NICHTS kontrolliert. Da fehlen mir die Worte.
 
Sonntag, 26.10.14:
Nach der sehr erfolgreichen Kinderbibelwoche im Juli überlegten wir, welches Programm auch die Eltern der Kinder interessieren könnte. Die Mehrheit unserer Nachbarn zählt zur unteren Einkommensschicht, und ihre Lebensbedingungen sind nicht unbedingt gesund. Geldmangel spielt dabei sicher eine Rolle, aber vieles geschieht auch aus Unwissenheit und könnte mit geringen finanziellen Mitteln verbessert werden. Deshalb entschlossen wir uns, ein wöchentliches Gesundheitsprogramm anzubieten. Ich habe ein Programm mit 25 PowerPoint Präsentationen zu den verschiedensten Themen, einfach erklärt und gut aufgemacht, das ich nun mit Bildern und Beispielen von hier relevanter mache, und so haben wir im August mit einem wöchentlichen Gesundheitsprogramm begonnen. Wir begannen mit den Themen Ernährung und Hygiene, Ratschläge für die schwangere Frau, die Bedeutung von sauberem Wasser, und wie Dehydratation behandelt werden kann. Dann kamen die etwas heikleren Themen dran: Alkohol und Tabak. Die meisten Menschen trinken Alkohol (einige weniger, die meisten mehr) und kauen Tabak. Alkohol wird auch ohne Bedenken von Schwangeren konsumiert und Kindern angeboten. Uns ist völlig klar, dass sich das nicht von einem Tag auf den anderen ändern wird, aber man muss ja irgendwo anfangen. Zu unserer bisher letzten Präsentation gestern Abend kamen besonders viele Leute, aber wir hatten auch kräftig eingeladen. Das Thema war wieder Schwangerschaft – vom Embryo zum Neugeborenen. Ich zeigte Fotos vom Embryo / Fötus im Mutterleib, von der Befruchtung des Eis bis zum Moment der Geburt. Die Bilder hinterließen einen großen Eindruck auf unsere Zuschauer, denn hier herrscht das Denken vor, dass erst in dem Moment wo die Schwangerschaft sicht- und spürbar ist, da auch tatsächlich „etwas“ da ist. In den ersten Monaten handelt es sich nach Meinung der meisten nur um Blut bzw. Flüssigkeit. Nach meiner sehr willkürlichen Schätzung werden 50% der jungen Mädchen ungewollt schwanger. Manche brechen dann die Schule ab, aber die Mehrheit bricht die Schwangerschaft ab. Abtreibung ist in diesem Land illegal, es gibt keine Ärzte oder Kliniken, die sie in sicherer Umgebung durchführen. Aber alle Frauen kennen Pflanzen und Tees, mit denen ein Abgang eingeleitet werden kann. D.h. das Mädchen trinkt dieses giftige Zeug und wird, wenn sie Pech hat, selber dabei vergiftet, verblutet, oder bekommt eine schwere Unterleibsinfektion, die dann oft Sterilität zur Folge hat. Obwohl Verhütungsmittel billig und einfach zu beschaffen sind, wird das Risiko einer Schwangerschaft mehr oder weniger bewusst eingegangen und dann abgetrieben, als ob das auch eine Art Verhütungsmittel wäre. Deshalb lag uns dieses Thema sehr am Herzen, zu viele Mädchen sind schon in diese Falle getappt und viel zu viele Babys sind schon getötet worden.
Generell kommen zu den Vorträgen etwa ein Dutzend Jugendliche und ein halbes Dutzend Frauen, Männer besuchen die Veranstaltungen eher selten. Und dann sind natürlich immer eine Unmenge Kinder da. Aber bei diesem letzten Thema waren alle 30 Stühle des Klassenzimmers, zusätzlich herbeigeschaffte Bänke und Hocker und die riesige Matte für die Kinder voll belegt. Nun hoffen wir, dass sich die Bilder in den Köpfen festsetzen werden und sich an der Einstellung gegenüber dem ungeborenen Leben etwas ändert.
Jetzt wollen wir die Gesundheitsprogramme erst einmal aussetzen und einen Monat lang an jedem Wochenende biblische Themen anbieten. Denn unser eigentliches Ziel ist nicht nur eine Verbesserung der Lebensumstände unserer Nachbarn und Freunde, sondern sie zu Christus zu führen. Mehr dazu im nächsten Wochenbericht!