Dienstag, 26.05.2015
Neulich, es war an einem Freitag, fuhr vor unserem Haus ein
Lastwagen mit Müll beladen vorbei. Und dann noch einer. Und
noch einer. Und noch einer. Irgendwann hörte ich auf zu
zählen, aber ein gutes Dutzend Ladungen Müll waren es
bestimmt. Nun muss man dazu sagen, dass die Straße weiter
unten nicht wirklich weitergeht. Da kommen noch das Wasserwerk
und ein paar Häuser und dann ist Schluss. Auf jeden Fall gibt
es da unten keine Müllhalde! Wir hatten aber eine Vermutung:
Einer unserer Nachbarn unten am Bach ist Gemüsegärtner. Und
die Gärtner lassen sich manchmal etwas Müll bringen, um den
darin enthaltenen Kompost zu verwerten. Aber hier sah es eher
so aus, als ob eine ganze Müllhalde umziehen würde! Ich war
gerade dabei mir ernsthaft zu überlegen, ob ich mit den
Kindern eine Sitzblockade organisieren sollte, um diese Flut
zu stoppen, aber dann kam nichts mehr.
Am nächsten Tag gingen wir wie immer zum Gottesdienst. Und was
hatten wir auf dem Nachhauseweg vor uns? Richtig, einen Laster
mit Müll, der zielsicher in unsere Straße einbog. Jetzt war
wirklich Schluss mit lustig. Toussaint ließ mich vor dem Haus
vom Motorrad absteigen und fuhr dem Laster hinterher. Wie
vermutet fuhr der zum Gemüsegärtner. Und dort sah Toussaint
die Bescherung: ein Müllhaufen neben dem anderen (natürlich
auf dem noch unbebauten Nachbargrundstück). Er fragte dann
direkt unseren Nachbarn, ob er eigentlich noch alle Tassen im
Schrank habe, dass er hier mal eben eine Müllhalde in unserem
Viertel einrichtet. Der meinte nur ganz unschuldig, dass er
nur 5 Lastwagen voll bestellt habe. Doch die Leute von der
Stadt dachten wohl, dass sei eine gute Gelegenheit, gleich
alles loszuwerden, denn da wo der Müll bisher gelagert hatte,
soll der Taxibahnhof hinkommen. Und so brachten sie fröhlich
eine Fuhre nach der anderen. Toussaint sagte dem Fahrer gleich
unmissverständlich, dass der Gärtner nun genug Müll habe und
er sich nicht unterstehen solle, noch mehr zu bringen, sonst
würde er die Presse einschalten. Danach kam auch tatsächlich
nichts mehr, aber all der Müll der nun schon da war, wurde
natürlich nicht mehr abtransportiert.
Unser Nachbar hat nun die schöne Aufgabe vor sich, aus Bergen
von Plastiktüten, alten Batterien, Papier, Autoreifen,
zerrissenen Kleidern und ich weiß nicht was noch alles (hier
gibt es keine Mülltrennung, da ist ALLES drin!) von Hand
seinen Kompost rauszusieben, der am Ende wahrscheinlich keine
10% der Gesamtmenge ausmacht. Danach wird er die restlichen
gut 90 % verbrennen und uns tagelang die Luft mit dem Geruch
von verbranntem Plastik verpesten. Schließlich wird er den
chemikalien- und metallverseuchten Kompost an seinen Salat
geben (Mahlzeit). Bis er allerdings damit fertig ist, wird bei
jedem Sturm ein Teil der Plastiktüten über unsere Felder
fliegen. Davon, dass seine zwei kleinen Kinder die nächsten
Monate im Müll spielen werden und beim nächsten Regen die
ganze Suppe in den Bach geschwemmt wird, will ich mal gar
nicht reden. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass dieser
Gemüsegärtner kein ungebildeter Bauer ist, sondern durchaus
eine gute Schulbildung genossen hat. Doch wenn man Profit
riecht, wird hier leider oft auch noch das letzte bisschen
gesunder Menschenverstand und auch das letzte bisschen
Rücksichtnahme über Bord geworfen.
Mittwoch, 03.06.2015
Vor ca. 2 Wochen kamen drei Schwestern im benachbarten
Kinderheim an, und bald kamen sie mit den anderen Kindern zu
uns auf den Spielplatz. Aus mir unerklärlichen Gründen fühlte
ich mich von diesen Mädchen angezogen, so als ob uns
irgendetwas verbinden würde. Vor ein paar Tagen saß dann die
Älteste ziemlich lange bei mir im Klassenzimmer und schaute
mir beim Arbeiten zu. Als sie wieder ging und über den Hof
Richtung Tor lief viel bei mir der Groschen. Die Gesichter der
Mädchen, ihre Namen, könnte das wirklich wahr sein? Ich rief
ihr nach: "Rebecca, wie heißt Deine Mama?" - "Vivianne". Ich
hatte Recht! Dies waren die drei Töchter einer alten Freundin!
Vor mittlerweile fast 15 Jahren, als Suzy und ich noch
zusammengewohnt hatten und ein junges Mädchen, Albertine,
während ihrer Schneiderinnenlehre ebenfalls bei uns wohnte,
ging deren Kollegin Vivianne (Foto: Suzy Baldwin) bei
uns aus und ein. Suzy gab ihr Bibelstunden, sie kam oft mit in
die Gemeinde. Leider hatte sie große Eheprobleme und lebte mit
ihren Töchtern, die alle während dieser Zeit geboren wurden,
unter extrem schwierigen Verhältnissen. Wir versuchten zu
unterstützen und zu raten, so gut es ging. Dann zog sie in
eine andere Stadt, ich heiratete und zog ebenfalls um und wir
sahen uns immer seltener. Später kam sie wieder zurück nach
Natitingou, und wenn ich sie manchmal auf dem Markt traf
stellte ich jedes Mal fest, dass sie immer dünner wurde und
immer schlechter aussah. Ich fragte mich, ob sie vielleicht
krank sei. Dann sah ich sie nicht mehr und fragte mich schon
lange, ob sie überhaupt noch lebte. Nun landeten ihre Töchter,
die seit dem Tod ihrer Mutter vor 4 Jahren mal auf der Straße,
mal bei ihrem Vater, mal bei anderen Leuten leben, im
Kinderheim nebenan. Nachdem ich Rebecca gesagt hatte, dass ich
ihre Mama kannte und ihr Fotos von Vivianne gezeigt hatte,
rannte sie um ihre Schwestern zu holen.
Ich denke viel über diese seltsame Situation nach und
versuche, sie zu verstehen. Da schließt man Freundschaften,
versucht Menschen zu Jesus zu bringen und ihnen in ihren
schwierigen Lebenssituationen zu helfen. So richtig scheint
das aber nicht zu gelingen und man verliert sich schließlich
aus den Augen, oder der Tod setzt sogar der Beziehung ein
Ende. Und Jahre später findet man die Überreste einer
zerbrochenen Familie - vernachlässigte Kinder, denen das Leben
auf der Straße das Stehlen beigebracht hat, die nach Liebe
hungern und gleichzeitig rebellisch gegen alle Regeln
verstoßen. Es ist, als ob Gott sagen wollte: "Lass es uns
zusammen noch einmal versuchen. Gib jetzt den Kindern, was Du
Vivianne nicht geben konntest!"
Donnerstag, 11.06.2015
Die Hauptstraße Natitingous ist von Flamboyant-Bäumen
(Flammenbaum) gesäumt, und wenn die in Blüte stehen ist das
ein wunderschöner Anblick. Mein Mann hat deshalb für mich vor
4 oder 5 Jahren auch einen Flamboyant in unseren Garten
gepflanzt, und dieses Jahr blüht er zum ersten Mal! Meine
Schaukel steht unter diesem Baum und ist mein erklärter
Lieblingsplatz.
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