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Freitag, 11.06.10:
Diese Woche haben endlich die Renovierungsarbeiten an unserer kleinen Kapelle begonnen. Als die Vereinigung vor vielen Jahren das Grundstück kaufte, befand sich darauf ein Wohnhaus, traditionell aus Lehm gebaut und mit Lehm verputzt. Dieses Haus wurde dann einige Jahre lang als Kapelle genutzt, bis eine Spende aus den USA den Bau einer soliden, größeren Kapelle möglich machte. Seither wird die kleine Kapelle für den Kindergottesdienst genutzt, außerdem gibt es dort ein Schlafzimmer mit Übernachtungsmöglichkeit für den Pastor oder andere Gäste. Nach der Regenzeit letztes Jahr mussten wir allerdings feststellen, dass sich der Putz löst, man besser nirgendwo zu doll gegen die Wand klopfen sollte, und wahrscheinlich das Haus in der nächsten Regenzeit einstürzen wird, wenn wir nichts unternehmen. Lehmhäuser haben halt nur eine begrenzte Lebensdauer. Doch ein Neubau ist nicht drin, dazu haben wir das Geld nicht. Das Haus einfach einstürzen lassen geht natürlich auch nicht, wir brauchen die Räume. Also entschied sich der Ausschuss für einen neuen Putz, diesmal mit Zement, und einen Betongürtel rund ums Gebäude, damit es noch einige Jahre stehen bleibt. Wir kalkulierten, wie viel die Renovierung ungefähr kosten würde, und baten die Vereinigung, 50% der Kosten zu übernehmen, was auch postwendend gewährt wurde. Damit blieben rund 100 Euro, die wir als Gemeindeglieder aufbringen mussten, pro Familie ungefähr 8 Euro. Das scheint ein sehr geringer Betrag zu sein, doch darf man dabei nicht vergessen, dass viele nur etwa 50 Euro Einkommen haben. Doch wir wussten, dass es mit einiger Opferbereitschaft machbar war. Trotzdem dauerte es geschlagene 9 Monate, bis wir den Betrag beisammen hatten. Bei einigen fehlte es dann doch am Willen, auf neue Kleidung oder andere Dinge zugunsten der Kapelle zu verzichten.
Vielleicht fragt Ihr Euch jetzt, weshalb wir keinen Spendenaufruf gemacht haben, die 100 Euro wären ja schnell zusammen gekommen. Leider haben wir in der Vergangenheit damit nicht so gute Erfahrungen gemacht. Die verschiedenen Spenden und Hilfsaktionen, die der Gemeinde Natitingou bereits zugute gekommen sind, haben bereits eine Erwartungshaltung erzeugt. Wir merkten ganz deutlich während dieser Sammlung für die Renovierung bei manchen Gliedern die Einstellung: "Wenn wir nur lange genug warten, wird das Geld von irgendwo herkommen." Deshalb haben wir diesmal ganz bewusst nur genauso viel beigesteuert wie die anderen Familien auch. Wenn die Gemeindeglieder keine Verantwortung übernehmen und immer nur auf uns sehen, wird die Gemeinde nie auf eigenen Beinen stehen können.
Wir sind also froh, dass wir nun endlich renovieren können. Der Maurer musste erst den alten Putz komplett abschlagen und hat bereits alle vier Seiten neu verputzt. Nächste Woche kommt dann noch der Betongürtel dran und dann können die Regenfälle kommen.

 
 
Dienstag, 08.06.10:
Nachdem unsere Paula ja nun wahrscheinlich trächtig ist hab ich ein bisschen nachgelesen, was da in den nächsten Wochen so auf uns zukommt, wie lange so eine Schwangerschaft überhaupt dauert usw. Eine recht hilfreiche Internetseite hat mir sogar einen "Trächtigkeitskalender" erstellt. Bei der Lektüre musste ich aber auch einige Male herzhaft lachen. Da las ich von Arztbesuch, Temperatur messen und sogar Ultraschall. Der Tierarzt kennt uns schon recht gut, denn es gibt nicht viele Hundehalter in dieser Stadt, die alle Impfungen, Wurmkuren etc. regelmäßig durchführen. Ich stelle mir nun vor, wie der alte Knauz wohl reagieren würde, wenn ich Paula zur Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung bringen würde. Erst würde er ungläubig lachend den Kopf schütteln, dann würde er sie untersuchen und mir anschließend eine nette Rechnung ausstellen. Und wenn ich dann noch mit ihr in eines der Krankenhäuser zum Ultraschall gehen würde, würde am nächsten Tag wahrscheinlich das Lokalradio davon berichten. In einem Land, in dem viele Menschen Tag für Tag ums nackte Überleben kämpfen ist es schwer vorstellbar, dass um ein Tier, das früher oder später sowieso im Kochtopf landet (landen sollte), solch ein Aufhebens gemacht wird.
          Es gibt in Deutschland Dinge, die einem hier keiner glaubt…

 
Samstag, 05.06.10:
Gestern Abend, es war schon recht spät und Toussaint saß noch mit einigen Jungs auf der Terrasse, kam unser Nachbar Moise auf den Hof gefahren. Er wolle uns nur vorwarnen, dass er evtl. irgendwann nach Mitternacht ein oder zwei Schüsse abfeuern würde. Zwei Eulen säßen jede Nacht auf seinem Dach und ließen ihn und seine Frau nicht schlafen, die müsse er erschießen. Dazu muss ich erklären, dass die Geister von Hexen manchmal in Tierkörper schlüpfen (u.a. in Eulen), um sich so ihren Opfern nähern zu können. Moise ist überzeugt davon, dass irgendeine Hexe es auf ihn und seine Familie abgesehen hat. Schließlich ist erst gestern sein Schwein (Paulas Freundin!) auf ziemlich unerklärliche Weise verendet. Die Sau hatte in der Nacht Junge bekommen, die Moises Frau morgens alle tot vorfand. Sie fütterte die Sau, doch die legte sich wenige Stunden später einfach hin und starb ebenfalls. Für Moise ist klar, dass dieser Tod eigentlich jemandem aus seiner Familie gegolten hatte, vielleicht sogar seiner Frau, die ebenfalls schwanger ist und bald entbinden wird. Und nun die Eulen.
Er hat heute Nacht nicht geschossen. Aber wenn er die Eulen erschossen hätte und sie tatsächlich den Geist einer Hexe in sich gehabt hätten, dann wäre im Moment des Schusses irgendwo ein Mensch auf ganz unerklärlicherweise plötzlich verstorben - die Hexe bzw. der Hexer.
          Es gibt hier Dinge, die einem in Deutschland keiner glaubt…