Dienstag, 27.07.10:
Das wird der längste Eintrag, den ich jemals geschrieben habe.
Was für ein Wochenende !!!
Freitagabend rief Colette, die Frau des
Laienevangelisten Boni aus Toucountouna (25 km nördlich) an und bat um
unsere Gebete. Alice, eine Frau die seit einiger Zeit von Boni
Bibelstunden erhält und sehr interessiert ist, hatte vor einem Monat
entbunden, und nun war das Baby schwer krank. Die Familie war in einer
Klinik in Natitingou. Am Sabbatmorgen, die Bibelschule hatte noch nicht
angefangen, rief Boni an und teilte mir mit, dass das Baby verstorben
und die Familie damit bei Basile, unserem Gemeindeleiter sei. Hier in
Benin ist die Familie selbst für den Leichnam verantwortlich. Sie muss
sich um den Transport zum Friedhof oder nachhause (oft werden die Toten
auf dem Familiengrundstück begraben) oder zum Kreiskrankenhaus, wo es
Kühlkammern gibt, selbst kümmern. Die Familie musste nun entscheiden,
was mit dem Leichnam geschehen sollte, ob sie das Baby gleich hier in
Natitingou auf dem städtischen Friedhof begraben oder es nach
Toucountouna überführen wollten. Kurz darauf kam Basile zur Gemeinde
und berichtete, dass die Frau sich weigerte, das Kind zu begraben. Sie
sagte, der Tod des Babys sei eine Schande für Gott und wir müssten über
dem Kind beten, um es wieder aufzuwecken. Basile bat den Pastor, der an
diesem Wochenende seit langem einmal wieder bei uns war, ihn zu
begleiten und mit der Frau zu beten. Zusammen gingen sie zurück zu
Basile, während wir die Bibelschule durchführten. Es verging über eine
Stunde, die Bibelschule, Pause und Bekanntmachungen waren vorüber und
wir überbrückten die Zeit mit gemeinsamem Singen, bis der Pastor
endlich wiederkam. Basile erklärte mir dann weitere Details der
Geschichte, die die seltsame Reaktion der Frau etwas aufhellten. Da
sie lange Zeit vergeblich versucht hatte schwanger zu werden erbat sie
das Kind vom Fetisch; das war, bevor sie ihr Leben Christus übergab.
Das Kind war also ein Kind des Fetischs und normalerweise muss nach
der Geburt des Kindes dem Fetisch ein Dankopfer gebracht werden.
Da sie inzwischen Christin war, hatte sie dies nicht getan und nun hat
sich der Fetisch sein Kind wiedergeholt. Sie war der Meinung, Gott
müsse Seine Macht beweisen, indem er das Kind wieder zum Leben
erweckte. Er tat es nicht. Nicht weil er nicht die Macht dazu hatte,
sondern meinem Verständnis nach, weil das Kind Ihm nicht gehörte. Gott
nimmt sich nichts mit Gewalt. Er greift da ein, wo wir uns Ihm geben.
Doch da wo der Mensch sich selbst in den Machtbereich Satans begibt,
ist Gott außen vor. Doch all diese theologisch-logischen Überlegungen
lindern natürlich nicht wirklich den Schmerz einer Mutter, die gerade
ihr Baby verloren hat. Irgendwann akzeptierte sie die Tatsache, dass
das Baby tot war und stimmte der Beerdigung auf dem Friedhof in
Natitingou zu. Basile und Alices Ehemann nahmen dann das Baby und
begruben es. Auch für die Beerdigung ist man auf sich selbst gestellt
und muss das Grab selbst schaufeln. Inzwischen muss man sich sogar den
Platz auf dem Friedhof selbst suchen. Früher gab es wenigstens einen
Friedhofswärter, doch nachdem der dritte in Folge gestorben war fand
sich keiner mehr für diesen Job. Während sich all dies abspielte führte
der Pastor ein ganztägiges Seminar in der Gemeinde durch mit kurzer
Mittagspause. Als am Abend gegen 18h das Seminar zu Ende war saß ich
noch eine weitere Stunde mit dem Pastor zusammen, um mit ihm Berichte
durchzugehen und Abrechnungen zu machen.
Als ich um 19h30 endlich nachhause kam, fand ich
dort unseren „Adoptivhund“ Bob mit 5 Welpen vor, sie hatte am späten
Nachmittag geworfen. Da Bob zu Beginn der Schwangerschaft kaum zu Essen
bekam, waren die Welpen wahre Winzlinge und hatten kaum Kraft zum
Saugen, oder sie hat keine Milch, jedenfalls tranken die Welpen nicht.
Und so fing ich am Sonntag an, ihnen Milch zu geben. Nun haben wir hier
natürlich weder Welpenmilch noch Welpensauger und das Beste was ich zu
bieten hatte war Milch aus Milchpulver und einen Teelöffel. Leider ist
das Beste manchmal nicht genug und drei sind gestern im Lauf des Tages
gestorben. Das vierte hat Bob platt gedrückt und jetzt bleibt noch eins
(Nr. 5 lebt!), mal sehen ob wir es durchbringen. Paula wird auch noch
im Laufe dieser Woche werfen (sie platzt fast!) und ganz vielleicht
kann ich ihr den Wurm dann ja unterschieben, sollte er noch leben.
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Aber damit war das unheilvolle Wochenende noch
nicht zu Ende. Am Sonntagmorgen rief uns Hyacinthe, der Laienevangelist
aus Boukombé an um uns mitzuteilen, dass sein älterer Bruder Sidoine
verstorben sei. Damit hatten wir eigentlich gerechnet, da Sidoine schon
lange krank war, aber es war trotzdem ein Schock. Sidoine war der
erste, der von unserem früheren Projektleiter Linden St.Clair zur Taufe
geführt wurde. Er war ein sehr enthusiastischer Christ, von Natur aus
eine Leiterpersönlichkeit, der leicht Leute mitreißen konnte. Linden
hatte große Hoffnungen in ihn. 2001 heiratete er Albertine, die bis
dahin bei Suzy und mir gelebt hatte. Der Ehe wurden keine Kinder
geschenkt und damit nahm die Tragödie ihren Lauf. Das Paar konnte sich
damit nicht abfinden, dass ihre Gebete nicht erhört wurden und wendete
sich wieder dem Fetisch zu. Als Albertine trotzdem nicht schwanger
wurde und die Erniedrigungen von Sidoines Familie nicht mehr ertragen
konnte, verließ sie ihn. Bald darauf wurde sie von einem anderen Mann
schwanger und bekam ein Baby. Doch mit 1 ½ Jahren starb der kleine
Moise, aber das ist eine andere tragische Geschichte, an die sich
manche von Euch vielleicht noch erinnern. Sidoine entfernte sich immer
mehr von Gott. Er hatte verschiedene Freundinnen und schließlich wurde
eine auch von ihm schwanger, das Kind ist jetzt ein halbes Jahr alt.
Vor einigen Monaten wurde er krank und ich bin nicht sicher, ob eine
medizinische Ursache gefunden werden konnte. Jedenfalls trat trotz
etlicher Krankenhausaufenthalte keine Besserung ein. Am Ende entschied
er sich, keine weiteren Untersuchungen mehr vornehmen zu lassen und
stattdessen in sein Heimatdorf zurückzugehen. Ein Wahrsager hatte ihm
gesagt, er müsse die Kleider des alten Fetischeurs anziehen und seinen
Platz einnehmen, wenn er gesund werden wolle. Das war das Letzte was
ich von ihm hörte bis zu diesem Anruf.
Auch Sidoine wurde noch am selben Tag ohne jede Zeremonie beerdigt, wie
es bei Kindern und jungen Menschen der Brauch ist.
Beide Todesfälle, das Baby und Sidoine, zeigen überdeutlich, dass man
mit Satan nicht spielen darf. Er schenkt einem nichts, und wenn er
etwas gibt fordert er das Doppelte zurück. Diejenigen, die einmal
Christen waren sind besonders gefährdet. Mit denen macht er möglichst
schnell Schluss, bevor sie womöglich wieder zu Christus zurückkehren.
Jetzt könnt ihr erst einmal durchatmen, ich muss wieder los um Nr.5
zu füttern.
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