Sonntag, 15.08.10:
Heute ist der Tag der neuen Yams hier in Natitingou, d.h. der erste
Tag an dem Yams der neuen Ernte gegessen werden. Da der Tag der neuen
Yams mit einem Ritual verbunden ist, wird für jeden Ort dafür ein
Datum festgelegt, und dieser Tag ist vor allem in den Dörfern ein
Festtag. Der Fetischeur des Dorfes erntet einige Yams von seinem Feld
und bringt sie zusammen mit den alten Männern im Namen des ganzen
Dorfes dem großen Fetisch. Nach diesem Ritual bringt jede Familie dem
Hausfetisch Yams von ihrem eigenen Feld. Diese Zeremonie ist ein
Ausdruck des Dankes und Respekts den Vorfahren gegenüber. Die
Vorfahren müssen als erstes bedient werden, dann kann die Familie
essen. Solange dieses Ritual vor dem Familienfetisch nicht
durchgeführt ist hat niemand aus der Familie das Recht, neue Yams zu
essen. An diesem besonderen Tag wird in nahezu jedem Haushalt Yams
zubereitet, bevorzugt als Yamsbrei. Und so hört man in allen Höfen
das rhythmische Stampfen der Mörser. Wer ein eigenes Feld hat
verschenkt Yams an Nachbarn, Familie und Freunde.
Da wir keinen Fetisch bedienen müssen haben wir geschummelt und
schon vor einer Woche unsere ersten Yams gegessen. Wir danken Gott
für die gute Ernte, und das tun wir nicht an einem bestimmten Datum
sondern an jedem Tag.
Montag, 09.08.10:
Wieder so eine Geschichte, die einem keiner glaubt. Vor 6 Wochen hatte
sich einer der Jungs beim Fußballspielen den Arm gebrochen. Unsere
kleine Klinik hier hat leider keinen Röntgenapparat, so dass Toussaint
mit Victor ins „Chinesenkrankenhaus“ musste. Es wurde von Chinesen
gegründet und sie stellen auch die Ärzteschaft, doch das
Pflegepersonal besteht fast ausschließlich aus Einheimischen, die
zwar ihr Gehalt lieben, aber nicht die Patienten. Schon beim Anlegen
des Gipses hatte sich Toussaint fürchterlich geärgert. Als er die
Gipsbandagen bezahlte und anschließend um das Wechselgeld bat erhielt
er nur zur Antwort: „Wurdet Ihr etwa nicht gut behandelt?“. Heute
mussten sie nun wieder hin, weil die verschriebenen 6 Wochen um sind.
Der chinesische Arzt sagte zu seinem Pflegepersonal, sie sollten den
Gips abnehmen, doch keiner rührte sich vom Fleck. Sie warteten
offensichtlich darauf, dass er zum nächsten Patienten gehen würde
und sie dann von Toussaint ein Schmiergeld verlangen könnten. Der
Chinese blieb aber und als sie keine Anstalten machten, den Gips
aufzuschneiden sagte er zu Toussaint: „Leute hier nicht lieben
Arbeit. Du selber aufschneiden bisschen bisschen.“ Als Toussaint
dann die Pfleger um eine Schere bat bekam er nur zur Antwort, dass
sie kein Arbeitsmaterial hätten. Wieder hätte Schmiergeld
weiterhelfen können. Aber Toussaint nahm seinen Schlüsselbund und
fing an, mit einem Schlüssel den Gips aufzusäbeln. Es dauerte
ziemlich lange und Toussaint ärgerte sich, dass er seine kleine
Säge nicht mitgebracht hatte, aber am Ende war der Arm frei.
Unsere „Lieblingsklinik“ hier in der Nähe, wo das Personal freundlich
ist und wir immer gut und fair behandelt werden, wird gerade zu einem
großen Krankenhaus ausgebaut, mit Röntgenabteilung, OP und allem
anderen Standardzubehör. Spätestens Ende des Jahres werden wir uns mit
solchen Dingen nicht mehr herumärgern müssen.
Neues aus der Welpenbox:
Die Box hat ausgedient! Wir sind so gewachsen, dass unsere Mama kaum
noch Platz neben uns in der Kiste hatte. Und so haben wir jetzt eine
Ecke in der Vorratskammer, schön eingezäunt, damit keiner ausbüchsen
kann. Seit einer Woche sehen wir auch alle und jetzt kann der Spaß
so richtig losgehen.
Wir versuchen schon ein bisschen herumzutollen, aber die Beine
knicken noch weg und dann werden wir auch noch ganz schnell müüüüüde.
Aber unsere Stimmbänder können wir schon mal trainieren. Das klingt
zwar noch nicht bedrohlich, aber einen mehrstimmigen Chor mit
verschiedenen Jaulvarianten kriegen wir schon hin.
Unsere zweibeinige Mama hat angefangen, uns Brei zu füttern. Ist
eigentlich noch ein bisschen früh, aber unsere vierbeinige Mama war
ein paar Tage krank, hatte kaum gefressen und hatte wenig Milch, so
dass wir dauernd Hunger schieben mussten. Das mit dem Brei klappt
ganz gut, schmeckt auch lecker, wir sehen halt hinterher aus wie
kleine Schweinchen.
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