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Montag, 04.10.10:
Wer hat eigentlich die Behauptung aufgestellt, dass Reisen bildet? Natürlich gibt es Bildungsreisen, aber verallgemeinern kann man dieses Statement nun wirklich nicht.
Auf manche Reisen könnte ich jedenfalls gerne verzichten. Am vergangenen Dienstag stand wieder einmal eine Fahrt nach Cotonou an. Und da wir diesmal unseren neuen Studentenmissionar Raffael in Empfang nehmen wollten und zwei Tage später Suzy, die aus dem Urlaub zurückkam, beide mit entsprechend viel Gepäck, fuhren wir mit dem Auto. Also keine Busfahrt, bei der man das Schlafdefizit der vergangenen Tage nachholen kann sondern ein Tag am Steuer, und das mit einer beginnenden Malaria. Gott sei Dank hatten wir keine Panne, was bei unseren Straßen ja immer drin ist. Doch die Strecke war an manchen Stellen durch die Regenfälle der vergangenen Wochen von Schlaglöchern dermaßen durchsetzt, dass man nur sehr langsam vorankam. Als wir Cotonou erreichten, war es bereits dunkel. Nun gibt es dort im Moment ein paar riesige Baustellen ohne Umleitung. Jeder sucht sich seinen Weg und hofft, dass der Vordermann, dem man hinterherfährt, die Strecke kennt und in die gleiche Richtung will. Bei mir war das leider nicht der Fall und wir haben uns völlig verfahren. Nachdem wir zweimal nach dem Weg fragen mussten fanden wir endlich aus dem Labyrinth der Großstadt wieder heraus und kamen im Gästehaus an, nach ziemlich genau 12 Stunden Fahrt. Am nächsten Vormittag hatten wir einen dringenden Behördengang zu erledigen und meine Malaria musste noch warten. Nachmittags konnte ich mich dann endlich ein wenig ausruhen und abends ging es zum Flughafen, um Raffael in Empfang zu nehmen. Der kam glücklicherweise gut und mit all seinem Gepäck hier an.
Am Donnerstag fuhr Toussaint dann mit dem Bus wieder zurück nach Natitingou, da wir das Haus und die Hundemeute nicht länger als nötig in der Obhut seines jüngeren Bruders lassen wollten. Wir hatten ihm ein Handy dagelassen, damit er uns im Notfall anrufen konnte und hatten erschreckend viele "Notfälle" (Stromausfall, das Hundefutter war alle usw.), die wohl damit zusammen hingen, dass er einfach stolz auf das Handy war. Jedenfalls nahm Toussaint morgens um 7 den Bus. Gegen Mittag rief er mich an um mir zu sagen, dass sie irgendwo im Busch festsaßen, noch keine 100 km von Cotonou entfernt. Wegen der extrem schlechten Straße nehmen die Busse einen Umweg in Kauf, doch der Busfahrer meinte, von diesem Umweg eine Abkürzung nehmen zu können, mit dem Ergebnis, dass der Bus im Schlamm versank und dabei eine gefährliche Schieflage bekam. Es fand sich schließlich ein Laster, der den Bus herausziehen sollte. Erst versuchte er es hinten, doch die Stoßstange des Busses krachte dabei ab. Dann wollte der Laster an dem Bus vorbei nach vorne fahren und blieb dabei ebenfalls im Schlamm stecken. Mit der Hilfe aller Passagiere, dem Busfahrer am Steuer des Lasters und untergelegten Holzstämmen konnte der Laster nach einiger Zeit befreit werden und schließlich vorne den Bus aus dem Matsch ziehen. Die Geschichte muss filmreif gewesen sein, doch wenn man ohne Essen und Wasser stundenlang irgendwo im Busch festsitzt steht einem nicht der Sinn nach Drehbüchern. Gegen 16h, als der Bus eigentlich schon bald in Nati sein müsste, konnten sie endlich die Fahrt fortsetzen und hatten dann noch über 400 km vor sich. Um 2h30 rief mich mein armer Mann an um mir mitzuteilen, dass sie nun endlich in Natitingou angekommen seien. Er brauchte Tage, um sich von der Reise zu erholen.
Unsere Rückfahrt gestern mit dem Auto verlief dagegen reibungslos, mit der gut aus dem Urlaub zurückgekehrten Suzy als Fahrerin, und wir waren alle heilfroh, wieder zuhause zu sein.