Montag, 01.11.10:
Wie überall auf der Welt wo es Katholiken gibt ist heute Feiertag. Da Benin ein Land ist, in dem viele Religionen relativ friedlich
nebeneinander existieren, kommen wir auch in den Genuss der Feiertage aller Couleur. Am 10.01. feiern wir das Voodoofest, am 15.08.
Mariä Himmelfahrt, dann natürlich Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten und Weihnachten, das Islamische Opferfest, den Geburtstag Mohammeds,
das Ende des Ramadan und noch eine Reihe anderer Feiertage, die mir jetzt entfallen sind. Doch damit nicht genug. Am Tag vor einem
Feiertag sind Banken, Behörden und Dienststellen ab 12h geschlossen. Und sollte der Feiertag auf einen Sonntag oder Montag fallen,
wie heute, ist am Freitag schon um 12h Dienstschluss. Sehr arbeitnehmerfreundlich, aber ich frage mich manchmal, ob sich schon mal
jemand die Mühe gemacht hat, den wirtschaftlichen Verlust zu beziffern, der dadurch entsteht. Hier sind Feste halt wichtiger als
wirtschaftlicher Gewinn und dem wäre ja auch nichts entgegenzusetzen, wenn die Bevölkerung nicht ständig jammern würde, wie arm ihr
Land doch ist und dass der afrikanische Kontinent immer hinterherhinkt. Natürlich weiß ich, dass die Gründe für diese Armut
vielschichtig sind und wir, die Kolonialmächte einen großen Teil dazu beigetragen haben und auch immer noch beitragen. Aber
Wohlstand hat seinen Preis und ich bin nicht sicher ob all diejenigen, die uns Weißnasen um all das beneiden, was unsere Heimatländer
zu bieten haben, sich dessen bewusst sind und ob sie bereit wären diesen Preis zu zahlen. Dann könnte die Sekretärin auf dem Rathaus
nämlich nicht mehr an Markttagen für zwei Stunden ihr Büro verwaist lassen um ihre Einkäufe zu erledigen, dann würde ich die Dame
vom Tiefbauamt nicht an einem ganz normalen Werktag bei der Schneiderin antreffen, dann würde der Versicherungsangestellte nicht
mehr mit dem Kopf auf dem Schreibtisch schlafen, dann gäbe es nicht in allen Büros Fernseher und dann wäre wirklich um 8h Dienstbeginn
und nicht um 8h30 oder 9h.
Sonntag, 31.10.10: Heute ist Halloween. Bis vor wenigen Jahren gab es das in Deutschland noch gar nicht (mein PC erkennt das Wort
nicht und unterstreicht es!) und so war ich 2008 während unseres Heimaturlaubes völlig geschockt, als mir aus den Prospekten
Hexenkleider für Kinder und sogar Teufelskostüme für Babys entgegen sprangen und dann am 31.10. abends alle möglichen
Fratzen an unserer Tür klingelten. Muss man eigentlich alles übernehmen, was der große Bruder Amerika zu bieten hat?
Wir haben hier ständig mit Menschen zu tun, die von bösen Geistern belästigt werden. Immer wieder hören wir von Hexen,
die kleine Kinder getötet haben. Satan, ein anderer Name für den Teufel, hat eine ganze Armee von Kämpfern hier in Benin
und ein heftiger unsichtbarer Kampf um Menschen findet statt, Tag für Tag, nicht nur einmal im Jahr. Das ist kein Spaß, das
ist grausame Wirklichkeit und es geht dabei immer um Leben und Tod.
Wie pervers oder verblendet muss die Welt sein, daraus eine Party zu machen!?
Donnerstag, 28.10.10:
Gestern haben wir die Hunde zum Tierarzt gebracht für ihre Impfung. Die Praxis heißt "Dieu est amour" - Gott ist Liebe. Die Schulsachen
für die Kinder kaufen wir im Schreibwarenladen "Jesus sauve" - Jesus rettet, mein Waschmittel kaufe ich beim göttlichen Beschützer "Divin
protecteur". Und dann gibt es da noch das Hotel "Wengro Pere" - von Gott gegeben. Auf den ersten Blick ist die Stadt Natitingou in christlicher Hand.
Es gab sogar eine Bar mit dem Namen "Le redempteur" - der Erlöser. Das dürfte aber wohl in die Kategorie Blasphemie einzuordnen sein.
Vielleicht hat sie sich deshalb auch nicht lange gehalten.
Man kann durchaus sagen dass es hier angesagt ist, Christ zu sein, es gehört zum guten Ton. Nur wenige Leute bekennen sich noch offen
zum Animismus, jedenfalls nicht hier in der Stadt und die Kirchen sind jeden Sonntag voll. Leider ist es damit aber wie mit allen Dingen
die in Mode sind - sie sind nicht von Dauer und gehen vor allem nicht in die Tiefe. In fast jedem Haus wird Animismus praktiziert, ob da
nun außen Christentum oder Islam draufsteht. Wir hoffen so sehr, dass wir am Ende unserer Studie den Menschen etwas anbieten können, das
wirklich ihr Leben verändert und nicht nur eine Fassade ist.
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