Mittwoch, 10.11.10:
Gestern war Toussaints Geburtstag. Wie wird hier in Benin Geburtstag gefeiert? Meistens �berhaupt nicht. Viele kennen ihr genaues Geburtsdatum
nicht und wenn doch, erinnert sich au�er der Person selbst niemand dran. Au�erdem haben die meisten kein Geld um ein Fest auszurichten. Und
so bleiben diese Feste der etwas beg�terten Gesellschaftsschicht vorenthalten. Doch auch da l�uft eine Geburtstagsfeier anders ab, als wir es
gew�hnt sind. Die G�ste bringen keine Geschenke mit, denn nicht sie feiern das Geburtstagskind, sondern das Geburtstagskind feiert seine G�ste
mit einem besonderen Essen. Irgendwie unlogisch, oder? Jedenfalls kommen die eingeladenen G�ste, man sitzt und unterh�lt sich ein wenig und
wartet auf das Essen. Wenn das serviert und verspeist ist, verabschieden sich die Leute auch ganz schnell wieder. Das ist generell bei Festen
so, und ich konnte mich lange nicht daran gew�hnen. Nach unserem Verst�ndnis ist es unh�flich, die Gabel hinzulegen und gleich darauf zu gehen,
weil es dann zu offensichtlich w�re, dass man nur wegen des Essens gekommen ist. Hier wei� aber jeder, dass die G�ste sowieso nur wegen des
Essens kommen, also kann man sich die Maskerade sparen.
Toussaint kam vor zwei Jahren in den Genuss, seinen Geburtstag in Deutschland zu feiern. Und nachdem er einmal erlebt hat, wie bei uns ein
Geburtstagskind an seinem Tag gefeiert und verw�hnt wird, hat er keine Lust mehr, beninisch Geburtstag zu feiern. Und so sind wir gestern
im kleinen Rahmen unseres Teams geblieben, mit Geschenken, gutem Essen und anschlie�endem geselligem Beisammensein, wie sich das nach unserem
Empfinden f�r eine Geburtstagsfeier geh�rt.
Eine gemischt-kulturelle Ehe hat den Vorteil, dass man sich aus beiden Kulturen die Gebr�uche aussuchen kann, die einem gefallen und richtig
erscheinen!
Montag, 08.11.10:
Auf die Gefahr hin, dass ich meine gesch�tzten Leser mit Nachrichten von unseren Ernteerfolgen langweile, will ich Euch doch nicht die Fotos
der gr��ten S��kartoffeln und der (bis jetzt) gr��ten Yams vorenthalten.
Mittwoch, 03.11.10:
Heute haben wir erfahren, dass ein M�dchen aus der Nachbarschaft schwanger ist. Ich sch�tze sie auf Anfang zwanzig, sie geht aber erst in die
10. Klasse und sollte am Ende dieses Schuljahres ihre Mittlere Reife machen. Daraus wird jetzt wohl nichts, sie wird die Schule abbrechen m�ssen.
Wenn sie sehr diszipliniert ist, kann sie ein Jahr sp�ter die Schule wieder aufnehmen oder die Abendschule besuchen, um wenigstens einen Abschluss
zu machen, doch h�chstwahrscheinlich ist ihre Schulkarriere nun beendet. Das ist eine Geschichte, die sich in dieser Stadt jedes Jahr tausendfach
wiederholt. In den unteren Gymnasiumsklassen sind die M�dchen in der Mehrheit, doch je h�her die Klassenstufe, umso geringer wird ihr Prozentsatz.
In der 12. oder 13. Klasse machen sie nur noch einen Bruchteil der Sch�ler aus. In den allermeisten F�llen ist eine ungeplante Schwangerschaft der
Grund. Wie geht es dann weiter mit diesen M�dchen? Manche entschieden sich f�r eine meist illegale Abtreibung und riskieren dabei ihre Gesundheit
oder sogar ihr Leben. Sie verschwinden einige Wochen unter dem Vorwand einer Krankheit und kommen dann wieder zum Unterricht. Andere tragen das
Kind aus. Wenn der Vater des Kindes und seine Familie die Vaterschaft akzeptiert, ist es relativ einfach. Das M�dchen zieht zu ihm und gilt fortan
als seine Frau. Wenn ich es mir recht �berlege, wurden fast alle jungen Frauen die ich kenne, auf diese Weise geheiratet (nach meiner pers�nlichen
Sch�tzung sind keine 20% aller Ehen legal geschlossen). Keine bewusste Partnerwahl, keine bewusste Planung, wann man ein Kind haben m�chte. Man hat
einen oder auch mehrere Freunde, schl�ft miteinander, und da wo die Bombe einschl�gt bleibt man h�ngen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass
wenige Frauen wirklich gl�cklich sind in ihrer Ehe. Sehr viele verlassen diesen ersten Mann nach wenigen Jahren wieder wegen eines anderen Mannes.
Die Kinder verbleiben meistens bei der Familie des Vaters, wenn sie Gl�ck haben wird dessen zweite Frau sie nicht misshandeln.
Wenn der Vater das Kind nicht annimmt oder das M�dchen gar nicht sicher wei�, wer der Vater ist, wird sie das Kind alleine aufziehen oder zu ihrer
Familie zur�ckkehren. Ihren Ruf hat sie weg.
Ich habe trotz vieler Gespr�che noch nicht herausgefunden, weshalb das immer noch so abl�uft. Es gibt ein Familienplanungszentrum, in dem
Verh�tungsmittel billig oder sogar umsonst erh�ltlich sind. In der Schule werden sie �ber die Gefahren ungesch�tzten Geschlechtsverkehrs und
wechselnder Partner unterrichtet. Die Kirchen lehren den biblischen Grundsatz der Keuschheit vor der Ehe. Und trotzdem tappen jedes Jahr unz�hlige
M�dchen in die gleiche Falle. Liegt es daran, dass Lebensplanung generell nicht praktiziert wird und nur ein Tag nach dem anderen gelebt wird ?
Liegt es daran, dass viele M�dchen aus Armutsgr�nden sich einem jungen Mann hingeben, weil er f�r einige ihrer Ausgaben aufkommt? Liegt es daran,
dass Kinder zu haben immer noch das Ziel praktisch aller M�dchen ist und dieses Ziel wichtiger ist als eine Schulbildung? Liegt es daran, dass die
Medien mittlerweile die Moral der Jugend v�llig verdorben haben und Promiskuit�t vorherrscht? Was auch immer die Gr�nde sind, in viel zu vielen
F�llen sind diese ungewollten Schwangerschaften das Fundament eines unzufriedenen Lebens. Deshalb ist es uns so wichtig, viel Zeit mit Kindern
und Jugendlichen zu verbringen, mit ihnen zu reden und ihnen Gottes Regeln f�r ein gl�ckliches Leben zu vermitteln. Vielleicht k�nnen wir wenigstens
einigen einen besseren Weg aufzeigen.
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