Neueste | ... | 60 | 59 | 58 | ... | 1
 
Montag, 22.11.10:
Heute stand wieder einmal eine Reise nach Boukombé, 50 km westlich von hier auf dem Programm. Der dortige Laienevangelist Hyacinthe arbeitet eng mit uns zusammen und recherchiert für uns wichtige Details der Otammari-Kultur. Er ist selbst Otammari, war bis vor wenigen Jahren Animist, hat die Initiationszeremonien durchlaufen und kann uns so wichtige Informationen liefern, die uns anderweitig nicht zugänglich wären. Jedes Mal wenn wir zu Hyacinthe gehen staune ich aufs Neue über diesen ungewöhnlichen Haushalt. Hyacinthe ist Anfang 30 und seit acht Jahren verheiratet. Vor einigen Jahren wurde er Christ und begann bald darauf seine Tätigkeit als Laienevangelist. Die Ehe war viele Jahre kinderlos und man kann einen Blick in das Alte Testament werfen um nachzulesen, was das bedeutet. Das ist heute hier nämlich noch genau so wir zur Zeit des Volkes Israel. Wenn eine Frau nach einem Jahr Ehe noch nicht schwanger ist, wird die Familie (Eltern und Schwiegereltern) unruhig.
 

Bald gibt es die ersten Hinweise an den Ehemann, dass er sich ja auch eine zweite Frau nehmen könnte oder an die Ehefrau, dass sie es doch auch heimlich mal woanders probieren könnte, wenn nur eine Schwangerschaft daraus resultiert. Möglicherweise werden auch verschiedene Behandlungen durchgeführt. Ich kann mich daran erinnern, dass ich Hyacinthes Frau vor einigen Jahren mal zu einer sehr schmerzhaften Eileiterspülung begleitet hatte. Und dann gibt es natürlich verschiedene Zeremonien und Opfer, die vor dem Fetisch durchgeführt werden müssen zusammen mit Produkten, die von der Frau eingenommen werden müssen. Von der medizinischen Behandlung abgesehen haben Hyacinthe und Elisabeth alle Hilfsmittel abgelehnt und sich ganz bewusst dafür entschieden, auf Gott zu vertrauen, der als einziger Leben geben kann und es auch tut, wenn und wann es Sein Wille ist. Dafür mussten sie nicht nur Sticheleien in Kauf nehmen, sondern regelrechte
Beleidigungen. Nichts desto trotz gab es immer Kinder in Hyacinthes Haus. Der Sohn seines verstorbenen Bruders wurde zu ihm gebracht, um bei ihm aufzuwachsen. Dann brachte sein jüngerer Bruder sein uneheliches Kind, das von der Mutter nicht gewünscht war. Die Kinder von Elisabeths Nichte verbrachten ebenfalls ihre Tage bei ihnen, während ihre Mutter auf dem Markt war. Schließlich wurde noch das Kind eines anderen Verwandten gebracht, das von bösen Geistern geplagt wurde, da es bei dem Christenonkel vielleicht am besten aufgehoben ist. Darüber hinaus fanden bei ihm zwei jüngere Brüder Aufnahme, damit sie zur Schule gehen bzw. eine Ausbildung machen konnten. Trotz der Tatsache, dass man ihm all diese Kinder anvertraute war er nie als vollwertiger Familienvater anerkannt, einfach weil er kein eigenes Kind hatte. Und so waren sie über Jahre hinweg eine unechte aber nichts desto trotz gut geführte Großfamilie und darüber hinaus ein gelebtes Zeugnis echten, bedingungslosen Gottvertrauens. Anfang dieses Jahres wurden ihre Geduld und ihre Treue belohnt und Gott schenkte ihnen ein kleines Mädchen, dem sie den Namen "Merveille" - Wunder gaben. Dieses kleine Wunder hat die Familie komplett gemacht und ihrem Papa, der auch schon vorher ein wunderbarer Vater all dieser Kinder in seinem Haus war, die Legitimation erteilt.
 
Mittwoch, 17.11.10:
Bei einem Blick auf den Kalender habe ich festgestellt, dass der bunte Herbst jetzt wohl vorüber sein dürfte und die kalten und teilweise regnerischen Tage begonnen haben. Die Herbstdeko sollte also ab- und die Winterdeko aufgehängt werden, damit wir uns wenigstens entfernt an die jeweilige Jahreszeit erinnern. Also holte ich die Kiste mit den Weihnachtssachen vom Schrank herunter um den Weihnachtsstern herauszuholen. Als ich sie öffnete, lachte mir ein vertrocknetes Mäuseskelett entgegen. Der typische Mäuseuringeruch ließ keinen Zweifel aufkommen - die Kiste war zumindest vorübergehend eine Mäusebehausung gewesen. Alle Tüten sind angefressen, eine Gold-Lamettagirlande ist den Nagetieren ebenso zum Opfer gefallen wie auch der liebevoll gebastelte Weihnachtsmann - sein Bart ist abgefressen. Und von der Dekoration des Adventskranzes sind nur noch die Styroporkugeln übrig. Alles andere ist zwar intakt, stinkt aber nach Mäusen.
 

Egal, dieses Jahr wird die Weihnachtsdeko in der Kiste bleiben, da wir in Deutschland feiern werden, ohne Mäuse natürlich. Und bis nächstes Jahr hat sich der Geruch vielleicht gelegt. Oder der Rest der Deko ist auch noch aufgefressen.
 
Sonntag, 14.11.10:
Gestern war landesweiter Gebets- und Fastensabbat für das nationale adventistische Campmeeting, das vom 22.-26.12. in Abomey stattfinden soll. Es ist das allererste landesweite Campmeeting in Benin. Seit Monaten laufen die Vorbereitungen bei der Vereinigung auf Hochtouren. Toussaint und ich werden nicht daran teilnehmen können, weil wir bereits Mitte Dezember für unseren Heimaturlaub nach Deutschland kommen werden. Trotzdem sind wir mit den anderen gespannt, wie es sein wird. Bitte schließt das Campmeeting auch in Eure Gebete ein. Viele Menschen werden von weither in den Süden des Landes reisen um zum ersten Mal in ihrem Leben an einer derartigen Großveranstaltung teilzunehmen. Viele Geschwister kennen nur ihre kleine Dorfgemeinde und werden zum ersten Mal auf die Adventistische Großfamilie stoßen. Abomey ist zudem eine Hochburg des Voodoo und ein geschichtsträchtiges Pflaster, über Jahrhunderte haben dort grausame Könige über das Reich Dahomey geherrscht. Satan wird nicht erfreut sein, "sein" Hoheitsgebiet für einige Tage mit einigen hundert Christen teilen zu müssen.