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Donnerstag, 09.06.11:
Die Demonstration, von der ich am 05.05. berichtet habe (Seite 69), hat geholfen. Schlagartig kamen am nächsten Tag alle möglichen Arbeiten in Gang. Seither wird gebaggert, gebaut und renoviert was das Zeug hält. Alle Behörden bekommen einen neuen Anstrich, manche eine neue Außenmauer. Straßenlaternen werden entlang der Hauptdurchgangsstraße eingesetzt. Straßenschäden werden ausgebessert und Straßen verbreitert. Das Stadion erhält eine neue überdachte Tribüne, damit den hohen Herren am 01.08. nicht die Sonne auf den Kopf brezelt. Am besten gefällt mir persönlich der alte Friedhof. Um die Gräber herum wurde in den Vorjahren regelmäßig von irgendjemand Tabak angebaut, außerdem war es die "öffentliche Toilette" des Viertels. Jetzt wurde aufgeräumt, gemäht und gejätet, die Gräber bekamen frische Betonkreuze und zur Krönung wurde alles weiß gestrichen. Und dabei bezweifle ich stark, dass man noch weiß, wer in all diesen Gräbern liegt. Das hat was von den getünchten Gräbern, mit denen Jesus in Mt.23, 27 die Pharisäer vergleicht...
Aber ich muss noch mal auf die Hitze und den Regenmangel zurückkommen, über den ich ebenfalls im vorletzten Bericht geschrieben habe. Immer mehr Leute reden nun darüber, dass wegen der Bauarbeiten der Regen "festgehalten" wird. Es gibt Fetischeure, denen die Macht zugeschrieben wird, den Regen zu binden, wenn dieser wichtige Ereignisse (z.B. Initiationszeremonien) stören würde. Ob vielleicht die Aufseher dieser ganzen Bauprojekte einen dieser mächtigen Fetischpriester aufgesucht haben, damit der Regen nicht die Bauarbeiten aufhält? Ich persönlich glaube nicht, dass sie das können, denn Gott allein ist Herr über die Natur. Ein weiterer Grund, weshalb wir um Regen beten, damit Gottes Allmacht demonstriert wird - wie gegenüber Baal auf dem Berg Karmel.

 


 
Sonntag, 05.06.11:
Die Lernhütte hat wieder Hochkonjunktur. Nächste Woche fangen die Abschlussprüfungen an, erst für die Grundschule, dann für die mittlere Reife, dann fürs Abi. Und so rauchen dort allabendlich die Köpfe. Wir versuchen, mit kühlem Wasser etwas zu löschen, aber mehr können wir leider nicht tun :-)
Wir sind sehr froh, dass wir die Hütte haben, weil wir damit den Jugendlichen einen ruhigen und einigermaßen kühlen Ort zum Arbeiten anbieten können.

 


 
Dienstag, 24.05.11:
Wir sind es eigentlich gewöhnt, dass die Leute uns für eine Zweigstelle einer Bank halten und uns für alles Mögliche um Geld bitten. Doch in letzter Zeit kommt es auch immer öfter vor, dass man uns Geld bringt! Natürlich nicht, um es uns zu schenken, aber um es uns anzuvertrauen. Unsere Nachbarin, die ein Straßenrestaurant betreibt, brachte uns eine ganz ordentliche Summe, als sie für eine Woche verreisen wollte. Bei ihrer letzten Reise hatte ihr Mann ihr ganzes Kapital verpulvert, weshalb sie es diesmal lieber bei uns deponieren wollte. Der Onkel eines Jungen aus dem Kinderheim, den wir überhaupt nicht kennen, hat seine Ersparnisse bei uns hinterlegt, da er weiß, dass das Geld in seinem Haus ständig für irgendwelche Zwecke ausgegeben werden würde und er so nie auf einen grünen Zweig kommen würde. Und Toussaints älterer Bruder Jean, ein Brunnenbauer, brachte uns eine Riesensumme, die ihm von einem Entwicklungshilfeprojekt für einen Brunnenbau ausgezahlt worden war. Er behauptet, er traue den Banken nicht über den Weg und befürchte, das Geld nicht wiederzubekommen, nachdem er es einmal eingezahlt hat. Ich glaube eher, dass es ihm peinlich ist, am Schalter immer den Auszahlungsschein auszufüllen, da er kaum schreiben kann. Ich jedenfalls habe einen Teil des Geldes eingezahlt, da mir bei soviel Bargeld im Haus nicht ganz wohl ist.
Keiner dieser Leute hat jemals eine Bibelstunde oder Predigt von uns gehört. Aber Handlungen reden ja bekanntlich lauter als alle Worte und irgendetwas an uns muss ihnen suggeriert haben, dass man uns vertrauen kann. Wir danken Gott, dass er uns gebraucht und hoffen und beten, durch unser Verhalten immer auf Ihn hinzuweisen.