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Dienstag, 21.06.11:
Zwei gescheiterte Bauprojekte. Wie bereits früher erwähnt haben wir hier ein Wasserproblem, da unser Brunnen regelmäßig im März/April versiegt und wegen granithartem Gestein auch nicht tiefer gegraben werden kann. In unserer Nachbarschaft haben nun zwei Leute neue Brunnen gegraben und hatten keinerlei Probleme, ohne Vorschlaghammer 8-10m tief zu kommen und auf Wasser zu stoßen. Angespornt von diesem Erfolg beschloss Toussaint, auf dem hinteren Teil unseres Grundstücks einen zweiten Brunnen zu graben. Ich war skeptisch, aber da der Versuch mit keinerlei Kosten verbunden war und Toussaint und einige ältere Jungs überschüssige Energie hatten sowie den fixen Gedanken, nach ein paar Kubikmetern ausgeschaufeltem Sand Wasser zu erreichen, legten sie los. Die erste Woche verlief recht gut, das Gestein war nicht besonders hart und konnte mit der Spitzhacke und einem Stahlhammer zerschmettert werden. In der zweiten Woche war es schon mühseliger, der Tatendrang ließ nach und bei 2,50 m mussten sich die Helden geschlagen geben. Eine undurchdringliche Steinschicht trotzte jeder uns zur Verfügung stehenden Maschinerie. Abends leerten sie einen Kanister Wasser in den Schacht in der Hoffnung, dass es am nächsten Morgen versickert sein würde und einige Risse im Gestein offenlegen würde. Doch das Wasser ist heute noch drin, da ist kein Durchkommen mehr.
Der Nigerianer, der unten am Bach gebaut hat, wollte eine Latrine hinter seinem Haus graben. Arbeiter fingen an, die Grube auszuheben, die aus hygienischen Gründen ja eine gewisse Tiefe haben sollte. Doch bei nur 1,50 m stießen sie bereits auf Wasser und über Nacht füllte sich die Grube mit 15 cm. Und die Regenfälle haben gerade erst begonnen, das Wasser wird also noch steigen.
Nach einigen Tagen, als sich der Ärger und die Frustration etwas gelegt hatte fragte ich vorsichtig nach, was denn nun aus unserem Brunnenschacht werden soll. Toussaint meinte, man könnte ja eine Betonplatte drauflegen und ein weiteres Gästeklo bauen, damit das Loch wenigstens einen Sinn hat. Was der Nigerianer mit seiner Grube vorhat, weiß ich nicht. Im Moment züchtet er Frösche drin. Vielleicht sollte er stattdessen einen Brunnen graben...
[ Fortsetzung Seite 81 ].
 


 
Sonntag, 19.06.11:
Gestern in der Kinderbibelschule schauten wir uns zusammen Jesu Endzeitrede an. Darin erklärte er seinen Jüngern, was vor seiner Wiederkunft alles passieren wird und gab uns damit gleichzeitig einige Hinweise, an welchen Ereignissen wir erkennen können, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis er wiederkommt. Als wir eine Liste mit Ereignissen zusammengestellt hatten gingen wir sie Punkt für Punkt durch um zu sehen, ob das Ereignis schon eingetreten ist, oder nicht. Die Kinder sind recht lebhaft und so hatten wir eine angeregte Diskussion. Aufstände und Kriege? Gibt es zuhauf, also abgehakt. Erdbeben? Das kennen sie aus dem Fernsehen, gibt es auch. Hungersnot? Das bestätigten sie am lautstärksten, schließlich erleben sie Hunger oft genug am eigenen Leib. Christenverfolgung? Das musste ich ein bisschen erklären, denn das gibt es hier in Benin noch nicht und in den Medien wird auch nicht darüber berichtet. Gibt es aber in vielen anderen Ländern der Erde. Und so hakten wir Punkt für Punkt ab, bis nur noch einer übrig war: "Und unter allen Völkern muss zuvor das Evangelium gepredigt werden." (Markus 13,10). Sie mussten kurz überlegen, waren sich dann aber schnell einig, dass dieser Punkt noch nicht abgehakt werden kann, weil es immer noch ganz viele Leute gibt, auch hier in den Dörfern, die Jesus nicht kennen. Über das Gewusel der anderen starrte mich ein Junge mit großen Augen an und sagte schließlich: "Darauf wartet er also!" Der Groschen war gefallen.
Das sind die schönsten Momente, wenn jemand eine wichtige Wahrheit verstanden hat, wenn ein Zusammenhang plötzlich klar wird, wenn etwas auf einmal Sinn macht.
 
Dienstag, 14.06.11:
Gestern war großer Arbeiteinsatz bei uns zuhause. Auf allen Ebenen wurde geschafft, und groß und klein half mit. Die Ersten waren um 3 Uhr morgens zwei Schüler, die ab heute die Prüfung zur Mittleren Reife ablegen. Sie wollten die kühlen und ruhigen Morgenstunden nutzen, und als ich um 6h00 aufstand hatten sie in der Hütte schon 3 Stunden intensiven Lernens hinter sich. Ein paar Stunden später begann die Ziegelsteinherstellung für ein Stück Außenmauer. Dafür engagierten wir zwei ältere Jungs vom Kinderheim. Das zum Zementanrühren erforderliche Wasser holten uns die etwas jüngeren Kinder vom nahegelegenen Bach. Und der Sand, den ein Lastwagen vor dem Haus abgeladen hatte, wurde von den Kleinen von dort zum Nachbargrundstück gebracht, wo die Ziegel gefertigt wurden.

 

 


 

 
Jetzt kann mich natürlich irgendeiner der illegalen Kinderarbeit bezichtigen. Aber mit dieser Koproduktion haben wir mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen wurde uns natürlich geholfen bei der Ziegelherstellung. Doch darüber hinaus konnten sich die Jungs etwas verdienen, denn wir zahlten ihnen den regulären Arbeitslohn. Auch die Wasserträger konnten ihr Taschengeld aufbessern. Und die Kleinen (die sich sowieso nur Bonbons gekauft hätten) bekamen eine Mahlzeit. Zu guter Letzt ist es uns auch wichtig, den Kindern das Arbeiten beizubringen, im Kinderheim werden sie dazu nämlich leider nicht angehalten. Und obwohl es Arbeit war, hat es allen auch noch Spaß gemacht. Während all dies draußen vor sich ging saß ich in meinem Büro und zerbrach mir stundenlang und seitenlang den Kopf über die Weltanschauung der Otammari, und die Schwachstellen, die zum Synkretismus, d.h. der Verschmelzung der christlichen Religion mit dem Animismus führen könnten. Die Ziegel sind jetzt fertig, meine Überlegungen noch lange nicht.