Neueste | ... | 75 | 74 | 73 | ... | 1
 
Freitag, 29.07.11:
Ungefähr so muss es in Bethlehem gewesen sein zur Zeit der Volkszählung unter Kaiser Augustus. Obwohl die Übernachtungspreise mal eben verdoppelt wurden gibt es in Natitingou kein freies Hotelzimmer mehr, und die Leute müssen in umliegende Ortschaften ausweichen. Alle Schulen (und davon gibt es eine Menge!) wurden in Übernachtungsquartiere für Militär, Polizei, Gendarme, Zöllner und was sonst noch Uniform trägt, umfunktioniert. Die Stadt ist im Belagerungszustand und Abertausende von Uniformierten säumen die Straßen. Wenn sie nicht fast alle gut gelaunt wären könnte man echt ein mulmiges Gefühl kriegen. Wir verkriechen uns in unserer Tiefebene am Stadtrand und gehen nur in die Stadt, wenn es unbedingt sein muss. Gestern war ich auf dem Markt (essen muss man ja schließlich) und wollte danach noch schnell Geld holen am Geldautomaten (so was gibt es auch bei uns!). Doch dafür muss ich die Hauptstraße überqueren und dafür brauchte ich mindestens 10 Minuten, weil das ganze Heer von Uniformierten die Aufstellung für den Festumzug nächste Woche probte. Ab heute wird jede Nacht in der beleuchteten Stadt Party sein und bis in die Morgenstunden laute Musik gespielt werden. Seit einer Woche findet eine Messe statt, auf der einheimische Produkte angeboten werden. Soll sehr interessant sein, aber wir hatten noch keine Gelegenheit sie uns anzuschauen. Das Gelände ist nämlich am anderen Ende der Stadt und wir wissen nicht, auf welchem Weg wir hinkommen sollen...
Natürlich ist es eine Ehre, dass Natitingou in diesem Jahr die großen Feierlichkeiten für den Unabhängigkeitstag ausrichten darf. Die Stadt profitiert davon, dass vieles gerichtet wird, und es fließt Geld in die privaten und öffentlichen Kassen. Aber wir sind einfach nur froh, wenn das Fest vorbei ist, wieder Ruhe einkehrt und man ungehindert von A nach B gehen kann.

 


 
Dienstag, 19.07.11:
Nachdem ich immer wieder wegen des ausbleibenden Regens gejammert hatte muss ich doch jetzt endlich mal wegen des Regens jammern. Nicht direkt wegen des Regens, aber wegen der Straßen. Mehr als einmal war ich in letzter Zeit froh an meinem Mountainbike, denn mit irgendetwas anderem wäre kein Durchkommen gewesen. Wegen der Bauarbeiten für die Feier des Nationalfeiertages ist etwa die Hälfte der Straßen unserer Stadt gesperrt. Von der verbleibenden Hälfte sind dann wiederum viele nach einem ordentlichen Regen fast unpassierbar. Hatte ich erwähnt, dass wir nur eine Asphaltstraße haben (die Durchgangsstraße), eine Pflasterstraße und der Rest Sandpisten sind? Und Sandpisten verwandeln sich nach Regen in Matschpisten. Als ich neulich mit dem Fahrrad in der Kirche war und es anfing zu schütten als der Gottesdienst gerade zu Ende war, wusste ich echt nicht, wie ich nachhause kommen sollte. Denn wenn eine Straße auf dem Hinweg passierbar ist, heißt das noch lange nicht, dass sie auf dem Rückweg ein paar Stunden später immer noch frei ist. Immer wieder stand ich vor einem Sandhaufen oder einem Bagger, der den Weg versperrte, und musste umdrehen und eine Straße weiter versuchen, ob es da ein Durchkommen gab. Nun gibt es aber, wenn man das Stadtzentrum mal hinter sich gelassen hat, nur eine Straße, die in unser Stadtviertel führt. Keine Ausweichmöglichkeiten. Und diese Straße wird natürlich auch gerade gerichtet . Und so schlittert man um Bagger und andere Baumaschinen herum und wenn ein großer Laster kommt, drückt man sich soweit es geht an den Straßenrand und lässt ihn vorbei. Mehr als einmal rutschte solch ein Lastwagen im Matsch gefährlich auf mich zu und ich hatte keine wirkliche Fluchtmöglichkeit. Viele Menschen zahlen einen Haufen Geld für Bungeejumping und solche seltsamen Dinge, ich krieg meinen Nervenkitzel hier gratis und ungefragt. Ich musste jedenfalls die letzten 500 m schieben und durch knöcheltiefen Matsch waten. Aber irgendwie kam ich schließlich doch nachhause.
Die Felder andererseits sind sehr dankbar für den Regen und es ist eine Freude, alles wachsen zu sehen. Wir danken Gott für sein Behüten bei der Feldarbeit. Erst vor einigen Tagen sahen die Kinder ein verdächtiges Loch, aus dem dann auch bald ein neugieriger Schlangenkopf hervorlugte. Die Schlange konnte schnell erlegt werden und wurde mir unverzüglich als Trophäe gebracht.