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Montag, 10.10.11:
Die Schulung ist vorbei, aber das heißt nicht, dass wir ausgelernt haben. Inzwischen befinden wir uns wieder in Benin, in einer kleinen Stadt im Süden des Landes, wo wir als Afrikamissionare von AFM einen 10-tägigen Retreat verbringen, eine Mischung aus Freizeit, geistlicher Zurüstung und mehr Schulungen und Besprechungen. Ich kann so langsam nicht mehr sitzen. Das Programm ist aber abwechslungsreich und der Ort sehr schön gelegen, wir wollen also nicht meckern. Wir tagen im Freien auf der Terrasse, und nicht mehr eingeschlossen in klimatisierten Räumen, haben Zeit zum Spazierengehen und relaxen. Und, was für mich natürlich am Wichtigsten ist, Toussaint ist zu uns gestoßen.
In den ersten Tagen hatten wir unseren neuen obersten Chef, Conrad Vine bei uns. Er ist Brite, hat viele Jahre für ADRA in verschiedenen Teilen der Welt gearbeitet und die letzten Jahre als Pastor. Seit Anfang September leitet er unsere Organisation. Er hat viele gute Ideen, in welche Richtung AFM in den nächsten Jahren gehen könnte und es verspricht, spannend zu werden. Dann war der Vorsteher der Benin-Vereinigung für ein paar Tage unser Gast und ließ uns an seinen Plänen für die Arbeit in diesem Land teilhaben. Parallel dazu hatten wir als Otammari-Team verschiedene Sitzungen mit dem für Teambildung zuständigen AFM-Abteilungsleiter. Unser Team hat sich ja verdoppelt, zu Suzy, Toussaint und mir kommen nun Jason und Maggi Harral und die Studentenmissionarin Naomi Kromer dazu. Nun galt es, die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen zu identifizieren, die Rollen im Team festzulegen, Konfliktpotential aufzudecken und zu entschärfen und bestimmte Regeln abzumachen. Wenn wir die Stärken und Schwächen anschauen, so haben wir eine sehr gute Zusammensetzung im Team, so ziemlich alle Bereiche sind abgedeckt und wir ergänzen uns sehr gut. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir gut zusammenarbeiten werden und bitten Euch diesbezüglich um Eure Gebete.
Zum Abschluss haben wir nun noch Besuch von dem auf Divisionsebene für Moslemevangelisation zuständigen Bruder. Er kommt selbst aus einer moslemischen Familie und die Geschichte seiner Bekehrung ist hochinteressant. Die Otammari sind zwar keine Moslems, doch einige unserer Freunde sind es und da kann es nicht schaden, ein bisschen was über ihren Glauben zu wissen. Also lernen wir fröhlich weiter. In wenigen Tagen haben wir aber endlich ausgetagt und fahren wieder nach Natitingou zurück. Ich war dann insgesamt einen ganzen Monat von zuhause weg und freu mich sehr auf mein Heim. Und dann kann ich Euch nach all den theoretischen Abhandlungen auch endlich wieder Geschichten aus dem afrikanischen Alltag erzählen! Anbei noch Fotos von den Afrikamissionaren - 1. und 2. Generation.

 

Freitag, 30.09.11:
Unsere Schulung ist zu Ende und das Gerüst für die nächsten Jahre steht. Wie das so klingt! Wer weiß denn schon, was in den nächsten Jahren passiert?!? Aber nichts desto trotz muss man ja planen und eine Strategie haben. Sonst heißt es "Wir wissen zwar nicht wo wir hingehen, aber dafür kommen wir echt gut voran!" Deshalb also wenigstens ein grobes Gerüst, und das sieht so aus, dass die Evangelisation in 5 Phasen abläuft.
In der ersten Phase soll geistlicher Hunger geweckt werden. Durch Geschichten, Gespräche o.ä. soll den Menschen bewusst gemacht werden, dass ihr Weltbild Lücken aufweist und die wirklichen Fragen des Lebens keine schlüssige Antwort finden. Das soll sie bereit machen für das, was die Bibel, was Christus zu bieten hat.
In der zweiten Phase sollen die Menschen durch ein Minimum an biblischen Geschichten und Wahrheiten zu einer bewussten Entscheidung für Christus geführt werden. Keine detaillierten Glaubensgrundsätze sondern nur eine einfache, klare Darstellung des Evangeliums. In dieser Phase geht es darum, dass die Menschen den Erlösungsplan kennenlernen und sich entschließen, mit Christus zu leben. Diese beiden Phasen sind relativ kurz.
In der dritten Phase werden die biblischen Geschichten chronologisch und ausführlicher betrachtet und biblische Lehren und die Glaubensgrundsätze unserer Kirche einbezogen, immer vor dem Hintergrund der jeweiligen Kultur. Ziel ist, dass die Menschen lernen, ihre Kultur aus biblischer Perspektive zu sehen und ihre Lebenserfahrungen neu zu interpretieren. Am Ende steht ein neues Weltbild. Nicht mehr ein deutsches, amerikanisches oder Otammari-Weltbild, sondern ein biblisches.
In der vierten Phase werden dieselben Lehren und Geschichten dahingehend vertieft, dass ganz praktische Regeln für das tägliche Leben entstehen. Jetzt geht es nicht mehr nur darum, die Menschen dazu zu führen dass sie mit Christus leben wollen, sondern zu klären, wie solch ein Leben aussieht. Wie sieht die Rolle einer Mutter in einem christlichen Heim in der jeweiligen Kultur aus, wie die eines Vaters? Wie wird mit Konflikt umgegangen? Wie werden die Etappen des Lebens wie Geburt, Erwachsenwerden, Hochzeit, Tod begangen? Wie die verschiedenen Jahreszeiten, Aussaat, Ernte etc.? Am Ende dieser Phase hat sich eine vollständige christliche Kultur entwickelt und die Christen stellen mit ihrem täglichen Leben für ihre Umwelt diese Kultur dar.
In der letzten, der fünften Phase sollen aus der Gruppe der Gläubigen geeignete Leiter ausgewählt und ausgebildet werden.

So, das ist die Theorie. Glücklicherweise sind uns schon einige AFM Projekte in anderen Ländern vorausgegangen und haben gezeigt, dass es funktioniert. Nur sind die Kulturen überall anders, so dass wir nicht 1:1 abkupfern können. In dem einen Land arbeiten unsere Kollegen mit Bilderbüchern, in einem anderen mit Audiocassetten, wieder in einem anderen mit Textmaterial. Unser erster Schritt als Otammari-Team wird sein, uns auf ein Medium festzulegen. Buch, Lieder, orale Geschichten? Dann geht es an die Frage: wo ist die größte Lücke im Weltbild der Otammari, wo ist die wunde Stelle, auf die wir unseren Finger legen müssen? Wenn wir die Antwort gefunden haben, beginnt die Ausarbeitung des Materials für Phase 1. Warum dieser ganze Aufwand und die langwierige Vorgehensweise? Weil man neuen Wein nicht in alte Schläuche füllen kann.
 
Am Ende dieses langen Berichtes möchte ich Euch wenigstens ein Foto beifügen von allen, die an der Schulung teilgenommen haben, als Lehrende oder Lernende. Toussaint sucht Ihr darauf allerdings vergeblich. Da die Schulung in Englisch war, zog er es vor, zuhause die Stellung zu halten.