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Zu Anfang ein Satz zum Nachdenken, aus dem Newsletter unseres neuen Chefs:
 
"Das persönliche Zeugnis ist die beste und überzeugendste Art der Evangelisation, weil es unwiderlegbar ist.
Man kann über Theologie diskutieren, doch Deine persönliche Erfahrung mit Gott kann niemand
abstreiten oder wegleugnen."

 
Samstag, 05.11.11:
Nun sind wir seit fast 4 Wochen wieder zurück aus Togo bzw. Grand Popo, doch der Alltag ist noch nicht eingekehrt. Als wir hier ankamen, zogen Harrals zuerst in ein Hotel, in der Hoffnung, schnell ein passendes Haus für ihre Familie zu finden. Toussaint hatte schon einige Möglichkeiten auskundschaftet. Doch nach zwei Tagen zeigte sich bereits, dass es doch ein wenig länger dauern würde. Aus Kostengründen zogen sie dann von dem Hotel in einen Ferienbungalow neben dem Kinderheim. So hatten sie Platz zum Schlafen und konnten den Tag in unserem Haus verbringen, wo sie sich doch freier bewegen konnten als im Hotel und vor allem hatte ihr Sohn Reuben, 3 Jahre alt, Platz zum Spielen, einen Sandhaufen und jede Menge Kameraden. Allerdings bedeutete das für mich, dass ich jeden Tag für 5 Erwachsene und zwei Kinder kochen und Brot backen musste. Dazu kam, dass sie alle nacheinander krank wurden. Erkältung, Fieber, Malaria, Typhus, die ganze Bandbreite. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir in den vergangenen Wochen mit irgendjemandem in der katholischen Klinik hier in der Nähe waren. Die Kinder erholten sich zum Glück am Schnellsten wieder, am Schlimmsten erwischte es Jason, dem es immer noch nicht gut geht. Wenn man krank ist, kann man auch schlecht durch die Stadt ziehen und Häuser anschauen, ein Bankkonto eröffnen oder andere Dinge erledigen, um sesshaft zu werden. Und so macht sich Frustration und Entmutigung breit. Da sie uns nicht länger zur Last fallen wollten und auch gerne nach vielen Wochen Nomadendaseins endlich wieder einmal als Familie wenigstens halbwegs für sich sein wollten, sind sie jetzt vorübergehend in ein möbliertes Haus gezogen, das allerdings nicht dauerhaft zur Miete frei ist. Die Suche geht also weiter und ich bitte Euch, für Familie Harral zu beten. Es ist ganz offensichtlich, dass Satan sie so schnell wie möglich hier wieder rausekeln will und versucht, sie mit Krankheiten und anderen Schwierigkeiten weichzukochen. Auch für uns ist es nicht einfach, uns um sie zu kümmern, ihnen zu helfen, und gleichzeitig unserer "normalen" Arbeit nachzugehen. Ich habe in den vergangenen Wochen morgens oft gebetet: "Lieber Gott, wie soll ich das bloß heute alles schaffen?" Und am Abend war ich dann überrascht und dankbar, weil Kraft und Energie gereicht hatten und in manchen Momenten der Tag auch noch Freude gemacht hatte.
 
Freitag, 04.11.11:
Heute Vormittag wollte ich eigentlich nur schnell zum Kinderheim, um aus der Bücherei dort ein Buch zu holen. Auf dem Weg über den Fußballplatz hörte ich schon Geschrei und Schläge. Es kam aus Richtung Küche und ich bog ab um zu sehen, was da los war. Eigentlich war Schule, so dass kaum Kinder da waren, aber vielleicht profitierte irgendein Großer, um einen Kleinen zu verhauen. Oder die Köchin hatte sich irgendein Kind vorgeknöpft. Egal wer, die Leute hier tendieren dazu, ziemlich hemmungslos zuzuschlagen und da guckt man mal besser nach. Zu meiner Überraschung sah ich drei erwachsene Männer, ziemlich gut angezogen, die ein ca. 12-jähriges Mädchen umringten und einer schrie es an, sie solle jetzt endlich die Wahrheit sagen. Dabei schlug er mit der Hand auf sie ein und rief den anderen zu, ihm einen Stock zu besorgen. Ich kannte weder diese Männer, noch das Mädchen. Da das Kinderheim jedoch eine von den Behörden anerkannte Institution ist, wo misshandelte Kinder, aufgegriffene Straßenkinder u.ä. vorübergehend untergebracht werden bis ihr Fall verhandelt wird, kommt es schon vor, dass ich ein Kind nicht kenne. Sobald die Männer mich sahen, hörten sie mit den Schlägen auf (manchmal hat es seine Vorteile, weiß zu sein!). Ich fragte: "Was geht hier vor? Dies ist ein Zentrum für misshandelte Kinder! Wie kommen Sie dazu, hier ein Kind zu verprügeln?!" Da sagten die Herren doch tatsächlich, dass sie von der Polizei seien und das Kind nicht misshandeln würden! Ja wie bitte schön kann man das dann nennen? Der Hauende war ziemlich sauer, einem anderen war die Situation, glaube ich, eher peinlich und ich fing innerlich an zu kochen. Wenn die Polizei Kinder verhaut, die von ihnen gegen Misshandlungen geschützt werden sollen, was soll das Ganze dann überhaupt!?! Sie erklärten mir dann, dass sie seit drei Tagen versuchten, die Eltern des Mädchens ausfindig zu machen und jedes Mal würde sie sie an der Nase herumführen. Der Hauende war deshalb so sauer, weil er seit drei Tagen für nichts und wieder nichts seinen Sprit verfährt. Aber hat mal einer nachdacht, warum das Mädchen den Wohnort seiner Eltern nicht preisgeben will? Kennt einer ihre Geschichte? Mit den Psychologie- und Pädagogikkenntnissen der Herren Inspektoren war es offensichtlich nicht weit her. Da man aber gegen das System nicht wirklich ankämpfen kann und ich keine Lust hatte, mir ihre halbherzigen Entschuldigungen anzuhören, zog ich ab Richtung Bücherei. Einer lief mir noch hinterher und erklärte weiter, ich sagte aber nur "Ja, ja". Der Kinderheimleiter glänzte mit Abwesenheit, die Köchin war machtlos und es gab nichts, was ich für das Mädchen noch tun konnte, schließlich habe ich keinerlei Autorität im Kinderheim. Aber sie hatten aufgehört, sie zu verhauen und das war im Moment das Wichtigste. Als ich mit meinem Buch zurückkam, waren die Männer weg und hatten das Mädchen mitgenommen. Hoffentlich nicht, um sie auf der Wache noch mehr zu verhauen. Die Köchin sagte, sie würde den Leiter anrufen um ihm zu sagen, was passiert war und damit war die Sache vorbei.
Mich frustrieren solche Ereignisse fürchterlich, weil sie mich so hilflos machen. Aber wo wir hilflos sind, ist Gott mächtig und ich legte Ihm die ganze Situation vor und bat Ihn, das Mädchen zu begleiten, wo auch immer sie sie hinbringen würden.
 
Dienstag, 01.11.11:
Die Ära Borifa ist zu Ende. Im Sommer 2000 als winziges Kätzchen im Wassergraben vor unserem Haus gefunden (daher der Name Borifa, was in der Sprache Waama Graben bedeutet) verlebte sie 11 Jahre als die wahrscheinlich glücklichste Katze Natitingous in unserem Haus in Winke. Jahrelang war sie "meine" Katze, verfolgte mich im Haus auf Schritt und Tritt um sich bei jeder Gelegenheit auf meinen Schoß zu setzen. Als ich heiratete und auszog, blieb sie bei Suzy, denn Katzen soll man ja bekanntlich nicht umziehen. In den vergangenen Monaten war sie mehrfach krank, die Altersschwäche tat ihr Übriges und so ist sie heute, nachdem sie vor 2 Tagen aufgehört hatte zu fressen, auf dem Bett liegend und von der zweiten Katze bewacht und abgeschleckt eingeschlafen. Kurz zuvor hatte sie auf Streicheln noch mit Schnurren reagiert. Schöner kann ein Katzenleben nicht enden.