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Donnerstag, 19.02.09:
Die dritte und letzte Etappe meiner „Verfolgungsjagd“ ist zu Ende. Diesmal verbrachte ich drei Tage mit einer Dame der gehobenen Mittelschicht. Ihr Mann ist Gymnasiallehrer und sie ist die Chefin einer großen Schneiderwerkstatt mit 15 Lehrmädchen. Der Unterschied im Lebensstandard, der Hauseinrichtung, dem Speisezettel usw. gegenüber den anderen beiden Frauen war sehr deutlich. Der Alltag dieser Schneiderin unterscheidet sich eigentlich nicht sehr vom Alltag einer deutschen berufstätigen Frau. Vor und nach der Arbeit muss sie irgendwie Haushalt, Kochen und Familie unterbringen. Einerseits hat sie dabei zwar eine Unterstützung, weil sie, wie alle berufstätigen Frauen, ein Mädchen aus der entfernten Verwandtschaft beherbergt, die bei der Hausarbeit hilft. Andererseits sind die Arbeiten aber viel aufwändiger ohne Fertiggerichte, Waschmaschine und Spülmaschine, und wären ohne Hilfe nur nach Feierabend nicht zu bewältigen.
Ich habe also drei Tage in einem Schneideratelier verbracht. Neben der Arbeit der Chefin fand ich es besonders interessant, die Kundinnen zu beobachten, die ihre Stoffe brachten oder zur Anprobe kamen. Da gab es sehr korpulente Damen, die sehr teure Stoffe brachten und dabei sehr selbstsicher auftraten, junge Frauen, die ausgefallene Modelle auswählten und ganz einfache Mütter, die Schuluniformen für ihre Kinder brauchten. Trotz aller kulturellen Unterschiede ist manches offensichtlich doch überall auf der Welt gleicht !

 

Sonntag, 15.02.09:
Vor ungefähr zwei Wochen hat sich unsere Nachbarin mit heißem Öl verbrannt. Toussaint sagte ihr gleich, sie solle kommen, er würde die Hand versorgen und verbinden (er ist der große Verbandsfachmann hier im Viertel). Doch sie meinte, jemand hätte ihr schon ein traditionelles Heilmittel gegeben. Gestern kam sie dann doch. Das Heilmittel bestand aus der Asche von zerstoßenen und dann verbrannten Schneckenhäusern. Sie hatte die Asche zwei Wochen lang immer wieder auf die Brandwunde gestreut, wodurch sich die verbrannte Haut nicht ablösen konnte, sondern mit der Asche zu einer schwarzen, harten Kruste wurde. Nun müssen wir mühselig mit Massage und Vaseline die Haut geschmeidig machen und ablösen, damit sich neue Haut nachbilden kann. Emmanuel, einer unserer Studentenmissionare und Krankenpfleger, hat gestern Abend vorsichtig Hautteile weggeschnippelt. Heute Morgen kam sie wieder zum eincremen und neu verbinden.
Es gibt eine Fülle von Heilpflanzen hier und viele traditionelle Heilmittel sind wirksamer als Tabletten oder Salben. Doch manche Methoden sind nicht nur äußerst fragwürdig, sondern sogar mehr schädlich als hilfreich. Die Kunst ist dann, die Leute nicht vor den Kopf zu stoßen und ihnen nicht das Gefühl zu geben, dass wir alles besser wissen und sie keine Ahnung haben. Dafür bitten wir Gott immer wieder um Weisheit und Feingefühl. Doch wir sind sehr dankbar für die Möglichkeit, unseren Freunden mit diesem kostenlosen "Verbandsservice" (der sich manchmal auf mehrere Patienten täglich erstreckt) zu helfen und ihnen zu zeigen, dass sie uns und Gott wichtig sind.

 

Donnerstag, 12.02.09:
Gerade komme ich überhitzt vom Markt zurück und hole mir ein Wassereis aus dem Gefrierfach, um mich etwas abzukühlen. Da ruft mich mein Papa an und fragt mich, ob ich gerne einen Eimer Schnee hätte! Während in Deutschland wohl immer noch Winter ist, neigt sich hier der Harmattan dem Ende entgegen. Abends und nachts kühlt es zwar noch etwas ab, aber am Vormittag haben wir schon oft über 30°C und selbst an Tagen, an denen es diesig ist und die Sonne gar nicht richtig durchkommt, zeigt das Thermometer um die Mittagszeit 35°C. Jetzt heißt es den Tagesablauf etwas umstellen, da die PCs solche Temperaturen gar nicht mögen und diese Arbeiten deshalb möglichst bis gegen Mittag abgeschlossen sein sollten. Bis ca. 16 Uhr geht dann irgendwie gar nichts außer kochen, essen und spülen. Nur nichts, wozu man den Kopf braucht, der ist nämlich benebelt und weich gekocht. Man ist schlapp und schläfrig, aber ein Mittagschlaf würde das nur noch verschlimmern. Also schleppt man sich irgendwie über diese Stunden. Auch der Kater Goliath zieht den kühlen Zementfußboden der Couch vor. Am späteren Nachmittag kann man dann wieder rausgehen, Dinge in der Stadt erledigen oder Leute besuchen. Manchmal arbeite ich auch an meiner Schulbank vor dem Haus im Schatten. Und ab ca. 18 Uhr ist dann auch der PC wieder kooperationsbereit. Und so habe ich in den letzten Tagen schon einige Spätschichten eingelegt, was mich an meine Studentenzeit erinnert. Die richtige Hitzeperiode fängt dann im März an und dauert bis ungefähr Mai, wenn die ersten Regenfälle etwas Abkühlung bringen werden.
 
Nun also die Frage zurück: Möchte irgendjemand vielleicht ein bisschen Hitze ?