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Dienstag, 31.01.12:
Wir haben zwei neue Mitbewohner, Albert und das Chamäleon.
Albert, Toussaints jüngerer Halbbruder, ist am vergangenen Freitag in das Zimmer neben dem Schuppen eingezogen. Er war bisher als Vollwaise im Kinderheim untergebracht. Da die Aufsicht dort aber sehr zu wünschen übrig lässt und das bei einem 17jährigen Teenager Raum für ziemlich viele Versuchungen bietet, haben wir uns entschlossen, ihn zu uns zu holen. Er besucht die 11. Klasse des Gymnasiums. Am Anfang war er etwas brummig wegen seiner nun eingeschränkten Freiheiten, aber ich denke jetzt fühlt er sich wohl.
Wann das Chamäleon eingezogen ist, wissen wir nicht genau, wir haben es aber schon im alten Jahr gesehen, dachten damals aber noch, es sei auf der Durchreise. Es ist geblieben und wohnt in dem kleinen Mangobaum vor Alberts Häuschen. Es lässt sich, seit wir es entdeckt haben, bereitwillig beobachten und auch fotografieren. Toussaint mag Chamäleons eigentlich nicht, aber es darf trotzdem bleiben. Es bewegt sich nur sehr wenig und sitzt einfach im Ast und wartet, bis was zu Essen vorbeifliegt. Dann schnellt die Zunge raus und - flutsch - das Insekt ist verschwunden. Die Kinder fangen ihm jetzt manchmal Käfer und halten sie ihm dann hin. Ich glaub ja nicht, dass das Chamäleon Hilfe braucht, aber solange die Kinder es füttern, ärgern sie es nicht.

 

 

 
Sonntag, 29.01.12:
Gestern war der Pastor mal wieder in Natitingou und es war ein sehr, sehr langer Tag für mich. Morgens Gottesdienst, danach eine kleine Weihezeremonie in Harrals zukünftigem Haus. Nach einer kurzen Mittagspause, die ich in der Gemeinde verbrachte, gab es erst eine Informationsstunde, dann eine Bibelstunde, dann Abendmahl, dann eine Ausschusssitzung, und als um 21h alle anderen entlassen waren, durfte ich noch die Schatzmeisterberichte mit dem Pastor durchgehen.
Ein Detail von diesem Mammuttag möchte ich Euch erzählen, weil es mich nachdenklich gemacht hat. Für den März hatte der Pastor in einer anderen Stadt seines riesigen Bezirks eine Großevangelisation geplant. Die ist mangels Helfern geplatzt. Da er aber das Sonderbudget für diese Veranstaltung nicht ungenutzt lassen möchte, fragte er uns, ob wir die Evangelisation ausrichten könnten. Ich war überhaupt nicht begeistert von der Idee. Seit wir hier leben und arbeiten, haben wir 3 Großevangelisationen mitgemacht. Jedes Mal wurde viel Geld ausgegeben und wir hatten viel Arbeit. Das Ergebnis war jeweils minimal und auf lange Sicht Null, da die Leute, die nach diesen Veranstaltungen getauft wurden, heute alle nicht mehr in der Gemeinde sind. Und so meldete ich meine Bedenken an und brachte zum Ausdruck, dass ich von solchen großen Veranstaltungen nichts halte, weil sie nichts bringen außer Kosten und Aufwand. Der Pastor hörte sich meine Einwände ruhig an und erinnerte mich dann an Matth. 24,14:
 
Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt gepredigt werden,
zum Zeugnis allen Völkern, und dann wird das Ende kommen.
 
Da steht nicht, dass unsere Predigt von aller Welt positiv aufgenommen wird. Da steht nicht, dass alle Menschen, die sie hören, getauft werden. Da steht nur: Predigt das Evangelium in der ganzen Welt. Und das ist nicht nur ein Auftrag, sondern auch die Voraussetzung für Jesu Wiederkunft.
Ich bin nach dieser Antwort des Pastors zwar immer noch kein Fan von Großevangelisationen und wir werden sie jetzt auch nicht durchführen, einfach weil ein Monat zu kurz ist, um alles zu planen und vorzubereiten. Aber für mich war es eine gute Erinnerung daran, dass unsere Arbeit nicht mit einer Kosten-Nutzen-Kalkulation geplant werden kann. Wir müssen auf kreative Weise das Evangelium verkünden und dafür unsere Zeit und Mittel einsetzen. Das Ergebnis dürfen wir dann Gott überlassen.
 
Mittwoch, 25.01.12:
Noch zwei Bemerkungen als kurzer Nachtrag zu unserer Zeit mit Victor:
1. Ich hatte schon immer großen Respekt vor Menschen, die ihre Angehörigen zuhause pflegen. Doch nach dieser Erfahrung kann ich meine Achtung gar nicht genug zum Ausdruck bringen. Wir haben ihn unterm Strich nur 10 Tage bei uns gehabt, doch diese kurze Zeit, in der wir 24h am Tag, 7Tage die Woche gefordert waren, hat mir wirklich einen Einblick verschafft, was pflegende Menschen leisten. Wenn Ihr jemanden in Eurem Bekanntenkreis habt, der einen Angehörigen pflegt, dann ruft an und fragt, ob Ihr mal eine Mahlzeit kochen und vorbeibringen könnt, ob Ihr mal ein paar Stunden den Kranken betreuen könnt, damit die pflegende Person einkaufen kann, ob Ihr mal eine Ladung Wäsche abholen könnt. Solche alltäglichen Dinge werden nämlich zum Kraftakt, wenn man ständig abrufbereit sein muss.
2. In der Woche, in der Victor starb, haben drei Frauen aus unserem näheren Bekanntenkreis gesunde Babys entbunden.
Gott möchte uns sagen, dass Er uns in all der Traurigkeit auch wieder Freude schenken möchte und dass der Tod nicht das Ende ist.