Freitag, 24.07.09:
Im vorletzten Wochenbericht hatte ich
von unseren Problemen mit der Wasserversorgung berichtet. Inzwischen lässt unser Hausbesitzer direkt neben unserem
Haus einen Brunnen bauen. Freude! Freude? Bevor mit dem Graben begonnen wurde, wurde mit der Wünschelrute der Ort
ausgewählt, wo sich Wasser befinden soll. Dann wurde an dieser Stelle ein Kreis gezogen und zwei Personen stellten
sich daneben auf. Einer hielt ein Glas mit Wasser in der Hand, der andere ein Glas mit Schnaps. Abwechselnd sprachen
sie Beschwörungsformeln und gossen etwas Wasser bzw. Schnaps in den Kreis, den Rest des Schnapses tranken sie.
Hinterher erklärten sie mir, dass sie Gott darum gebeten hatten, dass er ihnen helfen möge, Wasser zu finden und
dass er die Arbeiter beim Graben beschützen möge. Seither habe ich mich immer wieder gefragt, welcher Gott sie
eigentlich beschützen soll, wenn sie jeden Tag ungesichert in den immer tiefer werdenden Brunnen steigen, nachdem
sie ein großes Glas Schnaps getrunken haben. Diese Woche sind sie jedenfalls auf Wasser gestoßen. Über Nacht war
Wasser eingesickert und als sie morgens zur Arbeit kamen, konnten sie einige Eimer schöpfen. Am nächsten Tag wurde
Gott mit einem Opfer dafür gedankt und ein rotbrauner Hahn musste sein Leben lassen. Blut und Federn kamen an den
Brunnenrand und der Gockel in den Kochtopf. Später wurde mir von dem Fleisch angeboten, doch ich halte es da mit
dem Apostel Paulus: wenn ich weiß, dass es Götzenopferfleisch ist, lehne ich dankend ab. Als ich Toussaint hinterher
davon erzählte und ihm das Blut und die Federn am Brunnen zeigte waren wir uns sehr schnell einig, dass wir diesen
Brunnen nicht benutzen werden.
Diese Geschichte zeigt sehr eindrücklich, dass im Animismus wirklich nichts geschieht, ohne dass die Geister
miteinbezogen werden. Es hat mich auch sehr nachdenklich gemacht als sie mir vor dem Graben erklärt hatten,
dass sie zu Gott um Hilfe gebetet hatten. Bevor ich ein derartiges Unternehmen starte, bete ich auch. Wo liegt
der Unterschied? Liegt der Unterschied lediglich in der Methode, wie Gott gebeten und gedankt wird, oder reden
wir hier von einem anderen Gott? Wie kann ich den Unterschied so erklären, dass es Sinn macht? Je länger wir
hier sind und je länger wir forschen, um so deutlicher wird, dass wir sehr sorgfältig vorgehen müssen und bei
jedem Schritt den Heiligen Geist brauchen, wenn wir nicht alles vermasseln wollen.
|
Donnerstag, 16.07.09:
Treue Leser dieses Wochenberichts
können sich vielleicht an Catherine erinnern. Am 22.01. hatte ich davon berichtet, dass die Familie ihres verstorbenen
Mannes Druck auf sie ausübte und sie dazu zwingen wollte, ihren einzigen Sohn Christian zu den Initiationszeremonien zu
begleiten. Catherine ist standhaft geblieben. Ihr Sohn Christian hat zwar auf eigene Entscheidung an den Zeremonien
teilgenommen, doch sie hat ihn weder begleitet noch sich in anderer Weise daran beteiligt. Gott hat sie bewahrt und
ihre Weigerung hatte keine weiteren Repressalien zur Folge.
Doch am vergangenen Freitag hat ein Lastwagen, bei dem die Bremsen versagten, ihr am Hang stehendes Haus gerammt und
es ist zur Hälfte eingestürzt. Glücklicherweise befanden weder sie noch Christian sich in diesem Moment im Haus, so
dass niemand verletzt wurde. Und Einrichtungsgegenstände oder ähnliches wurden auch nicht zerstört, sie besitzt nämlich
so gut wie nichts. Doch nun hat sie nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf. Die Hälfte des Hauses steht zwar noch,
ist aber stark einsturzgefährdet, also nicht mehr bewohnbar. Der Besitzer des Lastwagens hat zugesichert, dass er das
Haus wieder aufbauen wird. Er hatte auch gleich am darauf folgenden Sonntag von irgendwoher Lehmziegel aufgetrieben
und angefangen, eine ziemlich schiefe Mauer zu errichten. Wir befinden uns aber mitten in der Regenzeit und da kann
man nicht wirklich Lehmmauern errichten. Sie trocknen nicht aus und stürzen beim ersten Windstoß wieder ein. Eine
Konstruktion mit Zement-Ziegelsteinen wäre möglich, aber viel zu teuer. Nun meinte der Fahrer, Catherine solle sich
bis zum Ende der Regenzeit irgendwo einmieten, er würde für die Miete aufkommen. Anschließend würde er das Haus
komplett neu bauen.
Wir sind gerne bereit, Catherine zu helfen und Mittel aufzutreiben, damit ihr wieder ein ordentliches Haus gebaut
werden kann. Die Gemeinde Natitingou hat ebenfalls bereits eine besondere Sammlung für Catherine durchgeführt, um
ihr unter die Arme zu greifen. Da der Lastwagenfahrer aber bereits die Verantwortung für den Unfall übernommen
hat und bereit ist, den Schaden zu beheben, wollen wir erst einmal abwarten und beobachten, was geschieht.
Gegenfalls werden wir dann helfend einspringen. Gott hat in seinem Wort immer wieder betont, dass besonders den
Witwen und Waisen geholfen werden soll und das wollen wir tun.
Es ist schwierig zu verstehen, wieso gerade dieser bitterarmen Frau noch das Letzte genommen wird. So mancher hat
sicher eine schnelle Antwort parat, z.B. dass das die Strafe dafür ist, dass sie Christian nicht zu den Zeremonien
begleitet hat. Wir möchten Euch bitten, dass Ihr für Catherine betet, dass Gott ihr Zuversicht schenkt und sie sehen
möge, dass Gott trotz alledem ihr Geschick in der Hand hält.
[ Neues zu Catherines Haus
im Bericht 04.07.2010 | Seite 48 ].
|
|
|