Sonntag 25.04.10:
Wisst Ihr wie es ist, wenn es regnet, ich meine richtig regnet? Regen haben wir selber, werdet Ihr sagen. Stimmt, aber nicht
wie wir, behaupte ich. Gestern, als wir uns auf den Weg in die Gemeinde machten, war strahlend blauer Himmel. Zu Beginn der
Sabbatschule war der Himmel hellgrau bis dunkelschwarz. Als wir mit der Lektion halb durch waren (Samson hatte gerade den
Löwen erlegt) ging es los. Die Abfolge ist dann immer dieselbe: es fängt an zu stürmen, der Wind hebt das Wellblech leicht
an und Staub und Sand rieselt auf uns runter. Dann setzt der Regen ein und man muss alle Fenster schließen. Die sind ja
nicht aus Glas, sondern aus Eisen, es wird also stickig und dunkel und man muss das Licht anmachen. Doch bei einem Sturm
(der immer auch Blitz und Donner mit sich bringt) wird zentral der Strom abgestellt. Also kein Licht. Schnell noch die
Plastikschüsseln (eigentlich fürs Abendmahl) austeilen, um sie im Gemeindesaal unter die undichten Stellen zu positionieren.
Nun ist es dunkel, der Regen trommelt monoton aufs Dach und jeder sucht sich eine Position, wo er sich einrollen und schlafen
kann. Bei Regen schlafen nämlich alle Afrikaner, egal wo sie sich gerade befinden. Meine Kids und ich konnten aber nicht
schlafen, wir waren nämlich in dem Raum, in dem die Eisentür schlecht verarbeitet ist und das Wasser an allen Schweißnähten
rein läuft. Während die anderen also dösten waren wir damit beschäftigt, mit Lappen die Überschwemmung in den Griff zu
kriegen. Als dann der Regen etwas nachließ, die Pfützen aufgewischt waren und wir die Fenster wieder einen Spalt weit
öffnen konnten, durfte Samson endlich heiraten und sein Rätsel stellen. Im Stillen betete ich, dass der Regen bis zur
zweiten Stunde aufhören würde. Ich war nämlich mit der Predigt dran und wollte nicht 40 Minuten lang gegen das Geprassel
auf dem Wellblech anbrüllen. Außerdem sollten sie ja nicht schlafen, sondern zuhören! Gott erhörte mein Gebet und es
tröpfelte nur noch ganz leicht. Am Ende des Gottesdienstes stellten sich dann alle die Frage, auf welchem Weg sie nachhause
gehen sollten. Unmittelbar nach einem Regenguss sind nämlich viele Straßen unpassierbar und es gibt Flüsse, die vorher nicht
da waren.
Abends kamen, wie immer zu Beginn der Regenzeit, die Termiten in Schwärmen. Die Jungs vom Internat kamen mit
ihren Schüsseln und baten mich, alle Außenlichter anzumachen, um möglichst viele anzulocken. Gegrillt sind die Viecher
nämlich eine Delikatesse. Heißt es jedenfalls. Nachdem sie glücklich mit reicher Beute abgezogen waren nahm ich eine
Dusche mit eiskaltem Regenwasser und freute mich auf eine Nacht, in der ich seit langem zum ersten Mal nicht schweißgebadet
aufwachen würde.
Donnerstag, 22.04.10:
Ein ganz normaler Vormittag. Während ich am PC sitze und an meiner Predigt für den kommenden Sabbat arbeite, regelt Toussaint
den Verkehr auf unserer Terrasse.
Zuerst kommt Junior, der behinderte Junge des Waisenhausleiters. Vorne in seinem T-Shirt hat er so viele Mangos gesammelt,
dass es zu zerreißen droht. Toussaint überredet ihn, eine Tüte zu nehmen und sie füllen um. Dann sieht er, dass Junior 100
Franc in der Hand hat, die ihm sein Vater fürs Frühstück gegeben hat. Da Junior aber von alleine nicht zur Waceverkäuferin
geht sondern eher bis Mittag sein Geldstück spazieren trägt, geht Toussaint mit ihm vor zur Straße, um Wace zu kaufen.
Auf dem Rückweg bringen sie ein kleines Mädchen mit, keine 3 Jahre alt. Seine Mutter war im Internat und wurde nun nach
Parakou, 230 km entfernt, zu einer Kurzausbildung geschickt. Die Kleine hat sie kurzerhand dagelassen, es schläft mit den
großen Mädchen im Schlafsaal und läuft sonst irgendwie mit, schaut aber mächtig verloren drein. Ich glaube, dass sie
außerdem Angst hat, vor mir oder vor Paula oder vor uns beiden. Als nächstes kommt ein älteres Mädchen, das sich vor
einiger Zeit die Hand verletzt hat. Die hat sich jetzt fürchterlich entzündet und ist angeschwollen, aus einer kleinen
Wunde fließt ständig Eiter. Seit einigen Tagen geben wir ihr Antibiotika und versorgen die Wunde. Doch seither hat sie
sich auch nicht mehr gewaschen oder die Kleider gewechselt. Nachdem ich ihr also die Tabletten gegeben habe schickt
Toussaint sie erst mal zurück nachhause unter die Dusche. Als sie nach einer Weile einigermaßen geruchsfrei wiederkommt
macht er eine Heißwasserbehandlung für die Hand und verbindet sie anschließend wieder. Inzwischen ist Henoch eingetroffen.
Er hat sich am Sonntag beschneiden lassen, gestern wurde der Verband entfernt und jetzt zieht es mächtig. Ich komme
kurz aus meinem Hinterzimmer, um ihm Wasser für ein Kamillenbad zu erhitzen. Damit schick ich ihn dann in die Dusche und
geh zurück zu meinem PC. Kurz darauf kommt unser zweiter derzeitiger Patient, auch er hat sich 2 Finger verletzt und die
Wunde hat sich entzündet. Toussaint hatte über Nacht einen Holzkohlewickel gemacht und die Schwellung ist deutlich
abgeklungen. Aber die Wunde muss noch von Eiter gesäubert werden, da muss wieder ich ran, mit Pinzette und natürlich
Handschuhen. Wenigstens bin ich jetzt schon mit Frühstücken fertig, gestern machte ich diese Arbeit zwischen zwei
Brotscheiben. Dann kommt schließlich noch Odile, ebenfalls ein älteres Mädchen vom Waisenhaus, und ich muss noch mal
unterbrechen. Ein Klassenkamerad ist ziemlich massiv hinter ihr her und sie weiß nicht mehr, wie sie ihn noch abwehren
soll. Jetzt möchte sie ein paar Ratschläge haben, wie sie sich verhalten soll. Da der Mensch aber bei uns auf der
Terrasse sitzt (es ist der mit der entzündeten Hand) gehen wir in die Lernhütte zum Reden. Um irgendwie doch noch
meinen Zeitplan einzuhalten, putze ich nebenher Spinat fürs Mittagessen. Nach unserem Gespräch nehme ich mir wieder
mein Predigtkonzept vor. Mal sehen, wie weit ich damit komme.
Ein ganz normaler Vormittag, wie gestern und vorgestern und morgen wahrscheinlich auch wieder.
Samstag,17.04.10:
Heute war in mehrfacher Hinsicht ein besonderer Sabbat. Der Pastor war hier, wir feierten zusammen Abendmahl und durften eine
Taufe erleben. Joseph, der Papa von Fiacre
[ siehe Bericht 11.01.2010 | Seite 33 ] wurde getauft. Wir haben uns alle riesig mit Joseph und
seiner Familie gefreut und bitten Euch, für sie zu beten. Wir haben nicht viele adventistische Familien in unserer Gemeinde
und gerade ihr Zeugnis ist ungeheuer wichtig in der Gesellschaft.
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